Eine Allergie ist eine überschießende Abwehrreaktion des Immunsystems auf eine normalerweise harmlose, natürliche Substanz wie Pollen, Tierhaare oder Eiweiße aus der Nahrung. Die allergieauslösende Substanz wird als Allergen bezeichnet.
Allergie
Vorwort
Liebe Patientinnen und Patienten*, liebe Eltern,
vermutlich haben Sie diesen Patienten-Ratgeber erhalten, weil Sie oder Ihr Kind unter einer Allergie leiden. Über 20 % aller Kinder und mehr als 30 % der Erwachsenen in Deutschland sind davon betroffen.
Dieser Patienten-Ratgeber soll Ihnen helfen, die Hintergründe einer Allergie zu verstehen. Darüber hinaus möchten wir Ihnen Tipps geben, wie Sie die Symptome lindern oder diesen vorbeugen können.
Bei weiteren Fragen zur Behandlung von Allergien wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt.
*Alle Leserinnen und Leser sind uns unabhängig von ihrem Geschlecht gleichermaßen wichtig und willkommen. Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir in diesem Heft überwiegend nur eine Gender-Form. Wir danken für Ihr Verständnis.
Was ist eine Allergie?
Eine Allergie ist eine überschießende Abwehrreaktion des Immunsystems auf eine normalerweise harmlose, natürliche Substanz wie Pollen, Tierhaare oder Eiweiße aus der Nahrung. Die allergieauslösende Substanz wird als Allergen bezeichnet.
Voraussetzung für eine allergische Reaktion ist ein Erstkontakt mit dem Allergen, die sogenannte Sensibilisierung. Dies kann durch Kontakt (z. B. auch durch die Haut bei Neurodermitis), Berührung, Einatmung oder Aufnehmen der Substanz passieren. Dabei lernt das Immunsystem die Substanz kennen und merkt sich diese als „fremd“. Um dieses Allergen abzuwehren, bilden B-Zellen Antikörper gegen das körperfremde Eiweiß und sensibilisieren die sogenannten Mastzellen. Der Erstkontakt verläuft oft unbemerkt, da er noch keine Beschwerden verursacht. Bei einem erneuten Allergenkontakt schlägt das Immunsystem dann allerdings Alarm und versucht die allergieauslösende Substanz zu bekämpfen. Die typischen Symptome sind auf die Aktivität des Immunsystems zurückzuführen. So setzen bestimmte Zellen wie Mastzellen nach ihrer Aktivierung Entzündungsauslöser wie Histamin frei, die u. a. dazu führen, dass die Schleimhäute der Atemwege anschwellen, Juckreiz entsteht oder die Augen tränen.
Haben Allergiker also ein schwaches Immunsystem?
Nein, denn genau das Gegenteil ist der Fall. Das Immunsystem von Allergikern ist überaktiv und reagiert deshalb sogar auf harmlose Stoffe besonders stark.
Wie entsteht eine Allergie?
Welche Allergietypen gibt es?
Man unterscheidet vier verschiedene Allergietypen, von denen Typ 1 und 4 am häufigsten vorkommen.
Typ 1: Soforttypallergie
Etwa 90 % der Allergien sind vom Soforttyp. Die Reaktion auf das Allergen setzt schnell nach dem Allergenkontakt ein. Bekannte Auslöser sind Pollen, Hausstaub, Nahrungsmittel, Insektengifte und Tierhaare.
Typ 2: Zytotoxischer Allergietyp
Dieser Typ ist sehr selten und kommt nur bei wenigen Autoimmunerkrankungen oder Bluttransfusionen mit einer falschen Blutgruppe vor.
Typ 3: Immunokomplex-Reaktion
Diese Art von Allergie tritt nur sehr selten auf und wird z. B. durch Tauben- und Hühnerexkremente ausgelöst. Dabei kann es z. B. zu allergischen Gefäßentzündungen kommen.
Typ 4: Spättypallergie
Treten die allergischen Anzeichen erst zwei bis drei Tage nach Allergenkontakt auf, spricht man von einer Allergie vom Spättyp. Ein bekanntes Beispiel ist die Kontaktallergie, die häufig durch Nickel, Duftstoffe oder Inhaltsstoffe von Kosmetika ausgelöst wird.
Symptome
Die Stärke und Art der Allergieanzeichen kann sehr unterschiedlich sein und variiert von Mensch zu Mensch. Welche Beschwerden auftreten, hängt auch von der Art der Allergie ab. So sind zum Beispiel bei Heuschnupfen vor allem Augen und Nase betroffen, während eine Nahrungsmittelallergie insbesondere Reaktionen wie Nesselsucht, Luftnot, Erbrechen und Durchfall hervorruft. Neben der Symptom-Ausprägung variiert auch die Stärke der Beschwerden. Leichte Symptome finden sich ebenso wie mittelschwere. Manchmal reagiert der Körper vor allem bei Nahrungsmittel- oder Insektengiftallergien mit Blutdruckabfall, der in seltenen Fällen bis zum lebensbedrohlichen Schock (Anaphylaxie) mit Kreislaufstillstand führen kann.
Welche Arten von Allergien gibt es?
Heuschnupfen (allergische Rhinitis)
Als Heuschnupfen wird häufig eine Pollenallergie, also eine Überreaktion des Immunsystems auf Blütenstaubteilchen von Bäumen, Sträuchern oder Gräsern bezeichnet. Diese Pollen werden durch den Wind verbreitet. Allergiker sind oft in den Monaten Februar bis Oktober davon betroffen.
Alle Jahre wieder
Es läuft die Nase, es jucken die Augen – pünktlich zum Frühling beginnen für knapp 12,5 Millionen Heuschnupfen-Geplagte in Deutschland die typischen Beschwerden einer Pollenallergie. Symptome sind eine laufende Nase, Niesen, Juckreiz und eine Schwellung der Nasenschleimhaut. Häufig sind auch die Augen mit betroffen – sie brennen, tränen und fangen an zu jucken. Weitere Symptome sind Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit oder Konzentrationsstörungen, die die Betroffenen sehr belasten.
Heuschnupfen – eine Bagatellerkrankung?
Eine allergische Rhinitis ist immer ernst zu nehmen und sollte auf jeden Fall behandelt werden, da sonst die Gefahr eines „Etagenwechsels“ besteht. Das bedeutet, dass sich allergische Beschwerden auch auf die unteren Atemwege verlagern können und langfristig ein allergisches Asthma entstehen kann.
Praktische Tipps:
> Lüften Sie immer dann, wenn die Pollenkonzentration in der Luft möglichst niedrig ist. Wohnen Sie in der Stadt, lüften Sie daher am besten morgens und in ländlichen Gebieten am Abend.
> Ein Pollenvlies für die Fenster hilft, die Pollenbelastung in den Wohnräumen zu minimieren.
> Waschen Sie Ihre Haare vor dem Zubettgehen, um darin anhaftende Pollen zu entfernen.
> Bewahren Sie Ihre Alltagskleidung nicht im Schlafzimmer auf, damit Pollen möglichst nicht bis dorthin vordringen.
> Trocknen Sie Ihre Wäsche nicht im Freien, um ein Anhaften von Pollen zu vermeiden.
> Meiden Sie zu Tageszeiten mit der stärksten Pollenflugbelastung nach Möglichkeit Aktivitäten in der Natur.
> Tragen Sie im Freien eine Sonnenbrille, um Ihre Augen vor Pollenflug zu schützen.
> Lassen Sie die Fenster während der Autofahrt geschlossen und lassen Sie einen Pollenfilter in Ihr Auto einbauen.
> Achten Sie auf eine ausreichende Trinkmenge, um die Schleimhäute feuchtzuhalten. Nur so erfüllen sie eine Schutzfunktion.
> Befreien Sie Ihre Nase mit einer Nasendusche von Pollen und Allergenen.
Hausstauballergie
Im Grunde genommen reagieren Betroffene nicht auf Hausstaub selbst, sondern auf den Kot der Hausstaubmilben. Diese leben in einer Mischung aus Haaren, Hautschuppen und textilen Fasern, die oft in Teppichen, Sofas oder Matratzen vorkommen. Dies ist ganz natürlich und Hausstauballergiker sind nicht zwingend unordentlich oder unsauber.
Die Symptome sind ähnlich wie bei Heuschnupfen: gerötete, juckende, häufig tränende Augen, regelmäßiger Niesreiz oder eine verstopfte Nase. Selten entwickeln sich asthmatische Beschwerden. Besonders im Winter sind die Beschwerden durch die trockene Heizungsluft größer.
Praktische Tipps:
> Waschen Sie regelmäßig Gardinen und saugen Sie Ihre Polstermöbel ab.
> Bauen Sie einen Partikelfilter in Ihren Staubsauger ein.
> Verzichten Sie auf Langhaarteppiche bzw. setzen Sie lieber auf kurzhaarige Teppiche, Vinyl oder Laminat.
> Nutzen Sie spezielle Anti-Milben-Bettwäsche (Kopfkissen, Bettdecke und Matratze) und waschen Sie diese alle 1–2 Wochen.
> Vermeiden Sie trockene Raumluft. Stellen Sie z. B. eine Wasserschüssel auf die Heizung. Das kann helfen, die Luft zu befeuchten.
Tierallergie
Eine Tierallergie ist nach Heuschnupfen und Hausstaubmilbenallergie die dritthäufigste Allergieform.
Anders als bei Heuschnupfen kann auch diese Allergie ganzjährig auftreten.
Das häufigste Symptom ist die sogenannte Rhinokonjunktivitis, also eine laufende Nase in Kombination mit geröteten, juckenden Augen. Auch Asthmaanfälle oder starker Husten sind möglich. Weitere Symptome sind vergleichbar mit der Hausstauballergie oder dem Heuschnupfen.
Die betroffene Person kann auf die Haare, den Speichel oder die Exkremente des Tieres reagieren. Wichtig zu wissen ist, dass die betroffene Person nicht immer direkten Kontakt zum Tier haben muss. Die Symptome können manchmal auch bereits nach Kontakt mit dem Besitzer des Tieres auftreten. Manchmal reagieren Betroffene auch nur auf ein bestimmtes Tier, während eine andere Rasse derselben Tierart keine Probleme verursacht.
Nahrungsmittelallergie
Eine Nahrungsmittelallergie wird häufiger vermutet, als sie tatsächlich auftritt. Bei weniger als 6 von 100 Kindern sind wirklich Allergene in Speisen und Getränken die Ursache für Juckreiz, Bauchweh oder Unwohlsein. Eine Lebensmittelallergie ist selten wirklich bedrohlich. Häufig bleibt die Reaktion auf ein Lebensmittel ein Einzelfall oder erweist sich als Unverträglichkeit. Tröstlich zu wissen: So manche allergische Reaktionen (z. B. gegen Milch und Ei) verschwinden bei kleinen Kindern spätestens bis zum Schulalter wieder.
Viele Nahrungsmittelallergiker reagieren vor allem mit sichtbaren Beschwerden. Die Haut juckt und zeigt Rötungen. Ausschläge und Schwellungen (Ödeme), besonders an den Lippen, können auftreten. Die allergische Reaktion setzt sich oft in Mund und Rachen mit Juckreiz oder pelzigem Gefühl fort. Im Magen-Darm-Trakt können Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall die Folge sein. Ein Teil der Kinder reagiert im Bereich der Atemwege mit Anzeichen wie Husten oder sogar Atemnot. Allgemeine Müdigkeit, Mattheit oder Kopfschmerzen sind ebenfalls keine Seltenheit.
Theoretisch kann jedes eiweißhaltige Nahrungsmittel eine Allergie auslösen. Die Top-3 bei Kindern sind Hühnerei, Kuhmilch und Erdnüsse. Darauf folgen Cashew- und Haselnüsse sowie Soja und Weizen. Auch Fisch steht weit oben auf der Liste.
Einmal allergisch, immer allergisch?
Gerade eine Allergie gegen Lebensmittel wie Kuhmilch und Hühnerei verschwindet meist im Laufe der Kindheit. Eine Allergie gegen Erdnüsse bleibt jedoch meist ein Leben lang.
Haben Sie eine Vermutung, dass Sie oder Ihr Kind an einer Lebensmittelallergie leiden, teilen Sie diese am besten der behandelnden Kinderärztin oder dem behandelnden Kinderarzt mit. Die Mediziner können mit Hilfe geeigneter Diagnostik sehr gut beurteilen, ob die Anzeichen tatsächlich für eine Lebensmittelallergie oder für etwas anderes sprechen.
Hat die Ärztin oder der Arzt bestimmte Nahrungsmittel als allergieauslösend unter Verdacht, müssen Sie oder Ihr Kind die kommenden Wochen auf diese Lebensmittel konsequent verzichten. Beobachten Sie in diesem Zeitraum genau, ob sich Symptome wie Juckreiz oder Ekzeme unverändert zeigen oder ob sich diese bessern.
Ein Ernährungstagebuch ist hilfreich, um bestimmte Lebensmittel als Auslöser zu identifizieren. Seien Sie besonders bei Fertigprodukten skeptisch – diese können versteckte Allergene enthalten.
Kuhmilchallergie
Eine Kuhmilchallergie entsteht, wenn das kindliche Immunsystem auf die Proteine (Eiweißstoffe) der Milch überreagiert.
Die genauen Gründe für die Reaktion sind noch unklar. Es ist aber bekannt, dass Kinder, in deren Familien bereits Allergien vorkommen, ein erhöhtes Allergierisiko aufweisen.
Eine Kuhmilchallergie gehört zu den häufigsten Allergien im Kindesalter. Sie tritt bei zwei bis sechs Prozent aller Kinder auf. Die gute Nachricht: Sie ist in den meisten Fällen zeitlich begrenzt. Bei drei von vier Kindern ist die Kuhmilchallergie bis zum Schulalter überwunden. Die Kinder können dann wieder Milch und Milchprodukte ohne Einschränkungen zu sich nehmen. Die betroffenen Kinder reagieren oft sehr unterschiedlich auf eine Kuhmilchallergie. Die Symptome sind manchmal nur schwach ausgeprägt und treten innerhalb weniger Minuten oder erst nach zwei Tagen auf. Typische Sofortsymptome bei einer Kuhmilchallergie sind Atemprobleme und Schwellungen an Lippen, Zunge und Gesicht. Ausschlag, Rötungen oder Durchfall können sowohl sofort als auch nach einigen Tagen als Spätsymptom auftreten.
Wenn Sie vermuten, dass Ihr Kind an einer Kuhmilchallergie leidet, informieren Sie die behandelnde Kinderärztin bzw. den Kinderarzt. Mit Hilfe verschiedener Tests lässt sich eine Kuhmilchallergie feststellen oder auch ausschließen.
Achtung Verwechslungsgefahr!
Eine Kuhmilchallergie darf nicht mit einer Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) verwechselt werden. Kinder mit Lactoseintoleranz können den Milchzucker (Lactose) nicht verdauen. Die dadurch auftretenden Verdauungsprobleme ähneln den körperlichen Reaktionen bei einer Kuhmilchallergie. Starke Anzeichen wie Ausschläge, Gesichtsschwellungen oder Atemprobleme treten bei einer Laktoseintoleranz jedoch nicht auf.
Weitere Allergien
Häufig sind auch Allergien gegen Bienen- und Wespengift, die nicht selten zum anaphylaktischen Schock führen können. Nähere Informationen dazu finden Sie in unserem Anaphylaxie-Ratgeber.
Weitere Allergieauslöser sind unter anderem Schimmelpilze oder die sogenannte Sonnenallergie, auch bekannt als „Mallorca-Akne“. Diese Lichtallergie kann durch fetthaltige Sonnencremes verstärkt werden. Anders als Sonnenbrand, der durch UV-B-Strahlung hervorgerufen wird, wird die „Mallorca-Akne“ durch UV-A-Strahlung ausgelöst. Die Sonnenallergie tritt meist zwischen März und Juni auf, wenn die Haut noch nicht an die Sonne gewöhnt ist. Allerdings handelt es sich dabei gar nicht um eine Allergie im eigentlichen Sinne. Man geht davon aus, dass die UV-A- Strahlen das Immunsystem aktivieren und es deshalb zur Quaddelbildung mit Juckreiz kommt. Die genauen Ursachen sind bisher noch nicht bekannt.
Allergie oder Unverträglichkeit – der kleine Unterschied
Bei einer Lebensmittelallergie reagiert das Immunsystem auf ein Fremdeiweiß in der Nahrung. Eine Unverträglichkeit hat oft ähnliche Auswirkungen und wird daher auch Pseudoallergie genannt. Das Immunsystem ist bei einer Pseudoallergie jedoch nicht beteiligt. Die Unverträglichkeit entsteht unter anderem dadurch, dass ein Abbau-Enzym nicht in ausreichendem Maße gebildet werden kann. Beispiele hierfür sind die Laktose-Intoleranz und die Histamin-Unverträglichkeit.
Bei einer Allergie sind Antikörper im Blut nachweisbar. Bei einer Intoleranz ist das Immunsystem nicht beteiligt.
Warum einige Menschen auf bestimmte Lebensmittel allergisch sind, ist bis heute ungeklärt. Experten diskutieren seit einigen Jahren die in westlichen Ländern teilweise übertriebene Hygiene. Auch Umweltverschmutzung wird als zusätzlicher Faktor genannt. Als gesichert gilt: Wer an anderen Allergien leidet und zum Beispiel Neurodermitis, atopische Dermatitis, allergisches Asthma oder Heuschnupfen hat, ist auch häufiger von Allergien auf bestimmte Nahrungsmittel betroffen. Außerdem treten Lebensmittelallergien in Familien nicht selten gehäuft auf. Eine erbliche Komponente ist daher wahrscheinlich.
Lebensmittelallergie | Unverträglichkeit (Pseudoallergie) | |
Ursache | Reaktion des Immunsystem auf Allergene mit Bildung von Antikörpern | Keine Beteiligung des Immunsystems, meist Enzymmangel |
Symptomschwere | Bereits geringe Allergenmengen reichen aus (unabhängig von der Dosis) | Abhängig von der Dosis (je mehr, desto stärker die Reaktion) |
Krankheitsverlauf | Meist rasche Symptomentwicklung, potenziell lebensbedrohlich | Beginn individuell unterschiedlich, nicht lebensbedrohlich |
Maßnahmen |
Penibler Umgang mit Allergenen, am besten vollständig meiden (= Karenz) |
Bei Bedarf Enzymgabe Keine strenge Karenz |
Diagnostik |
Hauttest (Prick-Test) IgE-Antikörper-Nachweis aus Blut- oder Haarprobe, oraler Provokationstest unter medizinischer Aufsicht |
Enzymmangeltest, H2-Atemtest |
Beispiele | Hühnerei, Kuhmilch, Nüsse, Soja, Fisch | Laktose, Fruktose, Histamin |
Wann zum Arzt?
„Eine Allergie ist nicht so schlimm, das geht wieder von allein weg.“ Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Auch mit leichten Symptomen sollte ein Arzt aufgesucht werden. Unbehandelte Allergien können sich unter Umständen verschlimmern, daher sollten Sie bzw. Ihr Kind von einem Spezialisten betreut werden.
Tests zur Diagnose
Es gibt fünf wichtige Tests, die eine Ärztin oder ein Arzt durchführen kann:
1. Hautpricktest – dieser Test bestätigt die allergische Reaktion durch Hautschwellungen. Allergene werden auf die Haut aufgetragen und kurz angepickt. Bildet sich eine Quaddel oder juckt die Stelle stark, ist das Ergebnis als positiv zu bewerten. Allerdings heißt positiv in diesem Fall nur, dass der Organismus Antikörper für dieses Allergen gebildet hat.
2. Epikutantest – besteht der Verdacht auf eine Allergie vom Spättyp, so eignet sich der Hautpricktest weniger gut. Stattdessen wird dann häufig ein Epikutantest durchgeführt, bei dem ein Pflaster mit Allergenzubereitung auf die Haut aufgebracht wird. Nach 48 Stunden wird das Pflaster entfernt und die Reaktion begutachtet.
3. Bluttest – dieser Test weist Antikörper (IgE) nach, die eine Allergie bestätigen. Ein positiver IgE-Test zeigt an, dass es zuvor zu einer Sensibilisierung mit dem Allergen gekommen ist.
4. Ausschlussdiät – diese Diät überprüft, ob es Ihnen bzw. Ihrem Kind bei Verzicht auf ein bestimmtes Nahrungsmittel gesundheitlich besser geht. Die Ausschlussdiät ist das anerkannte Standardvorgehen der meisten Ärzte.
5. Provokationstest – die direkte Konfrontation bei Nahrungsmittelallergien. Die Diagnose kann anschließend zusätzlich durch einen oralen Provokationstest gesichert werden. Dabei wird das Allergen unter ärztlicher Aufsicht aufgenommen. Treten die Symptome wieder auf, ist der Auslöser entlarvt. Für den Fall einer heftigen Immunantwort ist ärztliche Hilfe unter Anaphylaxie-Bedingungen sofort zur Stelle.
Achtung: Antikörper ist nicht gleich Antikörper!
Einige Allergieselbsttests testen nicht auf das Vorhandensein von IgE-Antikörpern, sondern nur auf IgG-Antikörper. Letztere sind nicht mit den IgE-Antikörpern zu verwechseln, da unser Organismus sie bereits produziert, sobald man fremde Eiweiße mit der Nahrung zu sich nimmt. Das ist dann jedoch noch kein Hinweis auf eine Allergie. Nur das Vorhandensein der IgE-Antikörper weist auf eine Allergie hin.
Nur wenn nachgewiesen ist, dass bei Kontakt mit genau diesem Allergen eine Reaktion auftritt – unabhängig von den vorherigen Tests – spricht man von einer Allergie.
Kreuzallergien
Bei einer Kreuzallergie verwechselt das Immunsystem Inhaltsstoffe aus der Nahrung mit jenen, die auch in Pollen oder Hausstaubmilben vorhanden sind. Diese Verwechslung kommt durch eine Ähnlichkeit dieser Inhaltsstoffe zustande.
Kreuzallergien sind zum Beispiel bekannt bei Birkenpollen. Bei oraler Aufnahme von Frühblüher-ähnlichen Allergenen (z. B. Steinobst oder Nüsse) kann es bei Menschen mit Birkenpollen-Allergie zu einer Schwellung bzw. einem Juckreiz im Mund kommen. Dies nennt man orales Allergiesyndrom (OAS).
Kontaktallergien
Kontaktallergien sind meistens Spättypreaktionen, das heißt, dass die Reaktion bis zu drei Tage nach Allergenkontakt auftreten kann. Häufig äußert sich diese mit Quaddelbildung, Juckreiz und Rötung. Auch Schwellungen und Blasenbildung sind keine Seltenheit. Die Hautreaktion heilt in der Regel vollständig ab, nur bei dauerhaftem Allergenkontakt kann es zur Chronifizierung kommen.
Bei Allergien auf … | Aufpasse bei Genuss von … |
Pollen von frühblühenden Bäumen (z.B. Birke, Hasel, Erle) |
Äpfeln, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Erdbeeren, Brombeeren, Himbeeren, Aprikosen, Kiwis, Litschis, Nüsse und Mandeln, Sellerie, vielen Gewürzen |
Gräserpollen |
Erdnüssen, Getreideprodukten, Bohnen, Erbsen, Linsen, Soja, Tomaten |
Kräuterpollen (z.B. Beifuß) |
Sellerie, Mohrrüben, Paprika, Kartoffeln, Gurken, Artischocken, Melonen, Anis, Curry, Zimt, Knoblauch, Pfeffer, Muskat und weiteren Gewürzen |
Hausstaubmilben |
Muscheln, Shrimps, Garnelen, Hummer, Krabben, Flußkrebsen |
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI)
Therapie
Die wichtigste Maßnahme bei Allergien ist die sogenannte Allergenkarenz. Das bedeutet, dass man versucht, den Allergenkontakt so weit wie möglich zu minimieren:
> Bei Hausstauballergien empfiehlt es sich, spezielle milbendichte Matratzen-, Bett- und Kopfkissenbezüge zu verwenden, um den nächtlichen Kontakt mit Milbenallergenen zu vermindern.
> Tierhaarallergiker sollten sich möglichst von dem auslösenden Tier fernhalten. Das Tier sollte zumindest das Schlafzimmer nicht mehr betreten.
Antiallergische Medikamente lindern die Symptome einer Allergie. Es gibt sie in Tablettenform, als Saft, Tropfen, Nasenspray oder in Form von Augentropfen. Sie können vor allem dann unterstützend eingesetzt werden, wenn eine strikte Meidung der Allergene nicht möglich ist – wie beispielsweise im Falle eines Heuschnupfens.
Glucocorticoide (Kortison) sind Arzneistoffe, die antientzündlich, antiallergisch und juckreizstillend wirken. Sie werden bei Beschwerden einer allergischen Rhinitis meist in Form von Nasensprays eingesetzt. Auch werden Kortisoncremes bei Kontaktallergien eingesetzt.
Anticholinergika wie Ipratropiumbromid-Nasensprays stehen als wirksame Alternative zur Verfügung. Ihre Ärztin bzw. Ihr Arzt kann Ihnen ein solches Nasenspray verschreiben, um die Symptome einer chronisch laufenden Nase zu mildern.
Antihistaminika unterbinden die Wirkung des körpereigenen Botenstoffs Histamin. Dieser wird durch bestimmte Immunzellen, die sogenannten Mastzellen, ausgeschüttet und löst Entzündungen und Juckreiz aus. Darüber hinaus bewirkt Histamin ein Anschwellen der Schleimhäute. Häufig werden Antihistaminika in Tablettenform eingenommen. Bei lokalen Reaktionen, zum Beispiel in der Nase, sind auch Nasensprays mit diesem Wirkstoff erhältlich.
Mastzellstabilisatoren wie Cromoglicinsäure verhindern die Freisetzung von Histamin aus den Mastzellen. Sie werden zur Vorbeugung einer Allergie eingesetzt, nicht jedoch zur Behandlung akuter Symptome.
Mastzellstabilisatoren sind nicht für die akute Therapie geeignet und müssen in der gesamten Allergiesaison regelmäßig eingenommen werden.
Bei einer klassischen Hyposensibilisierung wird dem Allergiker regelmäßig die Substanz verabreicht, gegen die er allergisch ist. Dabei wird die Dosis von Woche zu Woche allmählich gesteigert, bis zu der Menge, die das Immunsystem gerade noch akzeptiert. Anschließend folgen über drei Jahre Wiederholungsdosen, um das Immunsystem weiterhin an das Allergen zu gewöhnen.
Informieren Sie Kontaktpersonen in Kindergarten, Schule sowie Familie und Freunde über die bestehende Allergie Ihres Kindes. So ist gewährleistet, dass Ihrem Kind in Notfallsituationen schnell geholfen oder gegebenenfalls ein Allergenkontakt verhindert werden kann. Im Notfall dürfen auch Erzieher*innen oder Lehrer*innen die Notfallmedikamente verabreichen. Informieren Sie daher das Betreuungspersonal Ihres Kindes, wie genau die Medikamente in solchen Fällen angewendet werden. Bitte überprüfen Sie auch die Verfallsdaten in regelmäßigen Abständen.
Das Ziel einer Hyposensibilisierung ist eine Reduktion der Beschwerden und dadurch auch eine Reduktion des Medikamentenbedarfs. Dafür muss der Allergieauslöser jedoch bekannt sein. In nur seltenen Fällen wird eine völlige Beschwerdefreiheit erreicht. Eine gute Wirksamkeit ist vor allem bei Allergien gegen Pollen, Gräser und Hausstaubmilben gegeben.
Es gibt Allergien, bei denen ein Allergenkontakt zu einer schweren Reaktion führen kann. In solchen Fällen verordnet der Arzt meist ein sogenanntes Notfall-Set. Es ist sehr wichtig, dass Sie oder Ihr Kind dieses Notfall-Set stets bei sich tragen, da es im Notfall Leben retten kann.
Schwangerschaft und Stillzeit
Auch in der Schwangerschaft und Stillzeit bleiben Betroffene nicht von einer Allergie verschont. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker, bevor Sie Medikamente einnehmen. Selbstverständlich können Sie auch in dieser besonderen Lebenssituation etwas gegen Allergien bzw. deren Symptome tun:
> Meiden Sie nach Möglichkeit die Allergene.
> Spülen Sie Ihre Nase mit einer Nasendusche, um sie von Allergenen zu säubern.
> Um Ihre Augen von Allergenen zu befreien, können Sie Augentropfen verwenden, die z. B. nur isotonische Kochsalzlösung enthalten.
Reisen mit Allergien
Denken Sie daran, benötigte Medikamente mit in den Urlaub zu nehmen. Als Allergiker kann man nie genau wissen, wann sich Symptome zeigen.
Wenn Sie z. B. gegen Hausstaubmilben allergisch sind, zögern Sie nicht, bei Hotelbuchungen ein Allergiker-Zimmer zu erfragen. Diese sind in vielen Hotels vorhanden und auf die Bedürfnisse von Allergikern abgestimmt. Oft verzichtet man dort auf Teppiche oder Tapeten. Manchmal ist auch ein Luftreiniger installiert.
Praktische Tipps:
> Berücksichtigen Sie bei der Reiseplanung die Allergenbelastung zur geplanten Reisezeit.
> Informieren Sie sich, ob Sie alle Medikamente ins Ausland einführen dürfen. Ihr Arzt kann Ihnen eine Bescheinigung ausstellen, damit Sie Medikamente auch im Handgepäck mitnehmen dürfen. Denken Sie daran, die Packungsbeilage und evtl. eine Übersetzung bei sich zu führen.
> Teilen Sie der Reiseleitung, Airline und Unterkünften Allergien im Vorfeld mit und denken Sie an einen Allergiepass.
> Wenn Sie oder Ihr Kind an einer Nahrungsmittelallergie leiden, übersetzen Sie die Allergene schon zu Hause in die Sprache des Urlaubslandes und zeigen Sie diese Liste im Restaurant.
Informieren Sie sich im Vorfeld, ob benötigte Medikamente ggf. im Ausland erhältlich sind.
Fazit – Wissen auf den Punkt gebracht
> Symptome einer Allergie können die Haut, die Atemwege, den Magen-Darm-Trakt und das Allgemeinbefinden betreffen.
> Mögliche Beschwerden bei Insektengiftallergien reichen von leichten Anzeichen bis zum anaphylaktischen Schock. Patienten mit heftigen allergischen Reaktionen sollten stets ein Notfall-Set mit sich führen.
> Im Gegensatz zur Nahrungsmittelunverträglichkeit ist die Lebensmittelallergie eine überschießende Reaktion des Immunsystems auf eigentlich harmlose Nahrungsmittel-Eiweiße.
> Die wichtigste Maßnahme ist der Verzicht auf das auslösende Lebensmittel bzw. die Vermeidung des Allergens.
> Allergien sollten immer von einem Arzt diagnostiziert und behandelt werden.
Praktische Tipps im Überblick
Heuschnupfen und Pollenallergie:
> Ausreichend trinken, um die Schleimhäute feuchtzuhalten.
> In der Stadt am besten morgens und auf dem Land abends lüften.
> Sonnenbrillen schützen die Augen vor Pollen.
> Pollenfilter im Auto oder Pollenvlies für die Fenster installieren.
> Zu Tageszeiten mit der stärksten Pollenflugbelastung nach Möglichkeit Aktivitäten im Freien meiden.
> Trockene Raumluft vermeiden. Eine Wasserschüssel auf der Heizung hilft, die Luft zu befeuchten.
Hausstauballergie:
> Nasenduschen eignen sich zum Ausspülen der Allergene oder zur Entfernung von Schleim oder Krusten.
> Haare abends vor dem Zubettgehen waschen, damit Pollen ausgespült werden.
> Getragene Kleidung nicht im Schlafzimmer aufbewahren, da daran Pollen anhaften können.
> Pollenbelastung mit Hilfe eines Pollenflugkalenders beobachten.
> Reinigen Sie Gardinen, Polstermöbel und Sofas regelmäßig.
> Verzichten Sie auf Langhaarteppiche bzw. setzen Sie lieber auf kurzhaarige Teppiche, Vinyl oder Laminat.
> Verwenden Sie Staubsauger mit Partikelfilter.
> Nutzen Sie spezielle Anti-Milben-Bettwäsche (Kopfkissen, Bettdecke und Matratze) und waschen Sie diese alle 1–2 Wochen.
Wir danken Herrn Dr. Sebastian Dick, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin sowie Allergologie und Kinderpneumologie in Delbrück, für die fachredaktionelle Unterstützung bei der Erstellung dieses Ratgebers.
Typische Allergie-Auslöser
Die Hasel
Die Birke
Die Erle
Die Ambriose
Die Pappel
Gräser
Wo kommen eigentlich die Daten für den Pollenflugkalender her?
Der Pollenflugkalender ist ein Produkt der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst, kurz PID. Der PID misst seit seiner Gründung im Jahre 1983 den Pollenflug in Deutschland in einem bundesweiten Messnetz sogenannter Pollenfallen. Hierbei handelt es sich um Messgeräte, die beständig Luft einsaugen und dabei die in der Luft befindlichen Pollen einfangen. Im Inneren einer Pollenfalle befindet sich ein durchsichtiges Klebeband, an dem die eingesaugten Pollen anhaften. Dieses Band wird nach Präparation im Labor unter ein Lichtmikroskop gelegt und die Art der Pollen (Birke, Esche, Beifuß, …) durch geschulte Augen bestimmt und gezählt. So entstehen für jeden einzelnen Tag Messdaten zu den Konzentrationen verschiedener Pollenarten in der Luft. Diese Daten werden an allen Messstellen über Jahre hinweg in gleicher Weise erhoben. Am Ende entsteht eine große Datenbank mit Messwerten, die wissenschaftlich ausgewertet werden können. Der bekannte Pollenflugkalender des PID ist ein Ergebnis dieser Auswertung. Er wird alle paar Jahre aktualisiert, um den Veränderungen im Pollenflug Rechnung zu tragen.
Die Daten zum Pollenflug werden natürlich nicht nur für den Pollenflugkalender des PID verwendet, sondern z. B. auch für die Erstellung der Pollenflugvorhersage. Neben der Nutzung der PID Pollendaten in der tagesgenauen Pollenflugvorhersage des Deutschen Wetterdienstes für die acht allergologisch bedeutsamen Pollenarten informiert der PID mittels dieser Daten seit Jahren mit einer wöchentlichen Vorhersage über viele weitere regelmäßig in der Luft befindlichen Pollenarten. Auf der Homepage der Stiftung finden Sie dazu mehr Informationen www.pollenstiftung.de.
Blühende Hasel (Corylus avellana) mit pollentragenden gelben Kätzchen eines männlichen Blütenstands. Oberhalb davon sitzt die rötliche weibliche Blüte aus der später die Haselnüsse hervorgehen. © Barbora Werchan
Info
Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V.
An der Eickesmühle 15–19
41238 Mönchengladbach
Telefon: 02166 64 78 820
www.daab.de
Präventions- und Informationsnetzwerk Allergie/Asthma
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Campus Zentrum Lübeck
Ratzeburger Allee 160 (Haus 40)
23538 Lübeck
www.pina-infoline.de
Mein Allergie Portal
Guaitastraße 15
61476 Kronberg i. Ts.
Telefon: 06173 702907
www.mein-allergie-portal.com
ECARF/European Centre for Allergy Research Foundation:
https://www.ecarf.org/
Kinder lernen spielerisch ihre Allergien kennen
www.alleleland.de
Allergiewörterbuch
www.evz.de/fileadmin/Media/PDF/Allergiewoerterbuch.pdf
Deutscher Polleninformationsdienst
https://www.pollenstiftung.de/
Schlusswort
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit dieser Broschüre einen Überblick und viele hilfreiche Tipps für den Umgang mit Allergien geben konnten.
Falls Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Arzt oder Apotheker.
P6502602-01-0522