Demenz bezeichnet einen zunehmenden Verlust der geistigen Fähigkeiten. Derzeit leben in Deutschland rund 1,7 Millionen Menschen mit Demenz. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der Krankheit steigt mit zunehmendem Alter. Die Erkrankung ist daher vor allem eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Durch eine steigende Lebenserwartung der Bevölkerung wird auch die Zahl der Betroffenen in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter zunehmen.
Demenz
Vorwort Prof. Dr. Pantel
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Demenzen werden heute zunehmend häufiger diagnostiziert und haben sich neben den Krebserkran- kungen und den Herzkreislauferkrankungen auch in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem der wichtigsten Volksleiden entwickelt. Menschen mit Demenz begegnen wir im Alltag überall, sie sind Nachbarn, Kunden, Bekannte oder Freunde. Entsprechend wächst ganz allgemein das Bedürfnis, sich über die Natur dieser Erkrankung zu informieren, über ihre Ursachen, ihre Symptome, ihren Verlauf, aber auch über die verfügbaren Therapieoptionen.
Möglichkeiten der Früherkennung und Prävention sind weitere Themen, die viele ältere Menschen, aber zunehmend bereits Menschen ab dem mittleren Lebensalter beschäftigen.
Trifft die Diagnose Demenz ein Familienmitglied oder gar die eigene Person, so ergeben sich neben den oben bereits genannten Themen schlagartig zahlreiche weitere Fragen, die sich vor allem auf Prognose, Unterstützungsmöglichkeiten und das Leben mit der Erkrankung beziehen. Entsprechend gibt es rund um das Thema Demenz inzwischen eine umfangreiche Ratgeberliteratur, die die vorliegende kurzgefasste Übersicht nicht ersetzen kann und auch nicht ersetzen will. Sie vermittelt jedoch dem interessierten Leser einen kompakten Einstieg in die komplexe Thematik und gibt Betroffenen und ihren Angehörigen darüber hinaus zahlreiche Anregungen und praktische Hilfestellungen.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre
Prof. Dr. med. Johannes Pantel
Vorwort
Liebe Patienten, liebe Angehörige,
vermutlich haben Sie diesen Ratgeber erhalten, weil Sie sich über Demenzerkrankungen informieren möchten oder bei einem Angehörigen eine Demenz festgestellt wurde.
Für die meisten Betroffenen ist die Diagnose „Demenz“ zunächst erschütternd – es handelt sich dabei schließlich um eine derzeit nicht heilbare Erkrankung. Sowohl die Erkrankten selbst als auch die Angehörigen werden vor eine große Herausforderung gestellt und es gibt viele offene Fragen. Mit diesem Ratgeber möchten wir Ihnen Antworten bereitstellen und mit praktischen Tipps einen Beitrag dazu leisten, im Umgang mit der Krankheit Mut zu fassen.
Was versteht man unter Demenz?
Jeder Demenz liegt eine zumeist chronische Hirnerkrankung zugrunde, die zu einem fortschreitenden Verlust von Nervenzellen bzw. Hirngewebe führt. Für viele Formen der Demenz sind die genauen Ursachen noch nicht vollständig geklärt. Es sind jedoch charakteristische Veränderungen des Gehirns bekannt, die in Zusammenhang mit der Entstehung der Demenz gebracht werden. Diese können auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden, die innerhalb oder außerhalb des Gehirns liegen.
Neurodegenerative Demenz: Beispiel Alzheimer-Demenz
Bei den meisten Demenzen wird die Zerstörung der Nervenzellen durch eine fehlerhafte Funktion und krankhafte Ablagerung hirneigener Eiweißstoffe (Proteine) verursacht. Man spricht dann auch von einer neurodegenerativen Erkrankung. Hierzu zählen unter anderem die Alzheimer-Demenz, die Frontotemporale Demenz und die Lewy-Körperchen-Demenz.
Vaskuläre Demenz: Gefäßkrankheiten des Gehirns
Als zweithäufigste Ursachen werden Gefäßkrankheiten des Gehirns vermutet. Die hirnversorgenden Blutgefäße sind dabei verengt. Das ist häufig als Folge von Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen oder Rauchen der Fall. Daraus kann eine Minderdurchblutung von Teilen des Gehirns entstehen. Nervenfasern werden geschädigt und die Informationsweiterleitung leidet. Geschieht dies z. B. im Rahmen eines Schlaganfalls, ist ein plötzlicher Krankheitsbeginn charakteristisch. Liegen gleichzeitig eine Alzheimer-Krankheit und eine Gefäßerkrankung des Gehirns vor, äußern sich die Symptome der Alzheimer-Krankheit früher und sie sind stärker ausgeprägt.
Genetische Ursachen
Genetische Ursachen als alleiniger Auslöser einer Demenz sind sehr selten. Die erbliche Form der Alzheimer-Krankheit macht nur wenige Prozent aller Krankheitsfälle aus. In den restlichen Fällen handelt es sich um eine altersbedingte Alzheimer-Krankheit. Liegen genetische Ursachen zugrunde, setzen die Symptome meist schon vor dem 65. Lebensjahr ein und der Zustand der Betroffenen verschlechtert sich schnell. Ebenfalls typisch bei genetischen Ursachen ist, dass häufig mehrere Familienmitglieder einer Generation von der Alzheimer-Krankheit betroffen sind.
Sekundäre Demenzen
Zahlreiche außerhalb des Gehirns beginnende chronische Erkrankungen können Hirnfunktionsstörungen bis hin zur Demenz verursachen. Man spricht dann auch von sekundärer Demenz. Beispiele hierfür sind schwere unbehandelte Stoffwechselerkrankungen (z. B. Schilddrüsenunterfunktion) oder schwere Vitaminmangelzustände. Vor der Diagnose einer Alzheimer-Krankheit sollten sekundäre Demenzen ausgeschlossen werden.
Alzheimer und Demenz – ist das das Gleiche?
Eine Demenz kann sich in verschiedenen Formen äußern und der Krankheitsverlauf kann sich je nach vorliegender Ursache unterscheiden. Die Alzheimer-Demenz stellt die häufigste Form einer Demenz dar. Die Begriffe Demenz und Alzheimer werden daher häufig sinngleich verwendet. Die Bezeichnung „Demenz“ beschreibt allerdings das Muster geistiger Leistungseinschränkungen und ist ein übergeordneter Begriff. Die Alzheimer-Krankheit ist dagegen eine von mehreren möglichen Ursachen einer Demenz.
Welche Faktoren können eine Demenz begünstigen?
Nicht auf alle Faktoren, die eine Demenz begünstigen können, können Sie auch Einfluss nehmen. Allein das Älterwerden erhöht zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer
zu erkranken. Allerdings kann eine gesunde Lebensweise das Erkrankungsrisiko verringern und bestimmte Veränderungen des Lebensstils der Krankheit vorbeugen:
> Geistig und körperlich aktiv bleiben
> Vorerkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes konsequent behandeln
> Auf Alkoholkonsum und Rauchen verzichten
> Chronischen Schlafmangel vermeiden
Beginn und Verlauf einer Demenz
Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Sie bei sich oder Ihren Angehörigen mit zunehmender Häufigkeit bestimmte Auffälligkeiten feststellen:
> Die Erinnerung an kürzlich geschehene Ereignisse fehlt.
> Es treten Schwierigkeiten beim Ausüben gewohnter Tätigkeiten auf.
> In einem Gespräch fallen oftmals die richtigen Worte nicht mehr ein.
> Das Interesse an Hobbies und sozialen Kontakten schwindet.
> Bisher nicht bekannte Stimmungsschwankungen und Verhaltensweisen treten auf. Das kann auch ein vehementes Abstreiten von Fehlern, Irrtümern oder Verwechslungen sein.
> Es treten Konzentrationsprobleme auf.
> Das Datum oder die Tageszeit werden häufig vergessen.
> In einer bekannten Umgebung bestehen Orientierungsschwierigkeiten.
Die Diagnose stellen
Die erste Anlaufstelle ist Ihr Hausarzt bei einem Verdacht, dass Sie oder Angehörige erste Zeichen einer Demenz zeigen. Ihrem Arzt stehen schnelle und einfache Testverfahren zur Verfügung, um den Verdacht zu erhärten. Weiterführende Untersuchungen (z. B. eine Bildgebung des Gehirns) unterstützen den Ausschluss oder die Bestätigung der Diagnose. Bei ungewöhnlich frühem Krankheitsbeginn oder untypischen Symptomen wird der Hausarzt möglicherweise an einen Facharzt oder eine spezialisierte Einrichtung (Gedächtnisambulanz) überweisen. Treffen Sie auf Widerstand mit Ihrem Wunsch, eine ärztliche Meinung zu den Gedächtnisproblemen eines Angehörigen einzuholen, kann es hilfreich sein, darauf hinzuweisen, dass diese ja auch eine gut behandelbare Ursache haben könnten. In Frage kommen z. B. Schilddrüsenfunktionsstörungen oder Medikamentennebenwirkungen.
Wie erfolgt die Diagnose?
Vermuten Sie bei sich oder Ihrem Angehörigen eine Demenz, führt der Arzt zunächst ein ausführliches Gespräch mit Ihnen bzw. dem Betroffenen und seiner Begleitperson. Durch das Gespräch kann sich der Arzt zunächst einen Eindruck darüber verschaffen, ob und wie sich die geistigen Fähigkeiten, das emotionale Erleben und das Verhalten des Betroffenen verändert haben. So kann eingeordnet werden, ob es Einschränkungen im Rahmen der Alltagsbewältigung gibt und wie es mit dem Wirklichkeitsbezug aussieht. Anschließend folgt meist ein kurzer Test zur Beurteilung der kognitiven Funktionen (Denkfunktionen) durch einen Screening- oder Suchtest. Dieser Test besteht aus Fragen und Aufgaben
> Zur zeitlichen und räumlichen Orientierung
> Zur Aufmerksamkeit
> Zur Merkfähigkeit
> Zum Konzentrationsvermögen
> Zu sprachlichen Funktionen und der räumlichen Auffassungsgabe
So sollen Betroffene z. B. das aktuelle Datum und den Aufenthaltsort benennen oder sich drei verschiedene Begriffe merken, die im späteren Verlauf des Tests wiederholt werden müssen. Insgesamt dauert der Test etwa zehn bis fünfzehn Minuten. Anhand der Testergebnisse lässt sich eine Demenzerkrankung ausschließen oder der Grad der Demenz bestimmen. Bestätigt der Screeningtest den Demenzverdacht, sollte dies Anlass für weiterführende Untersuchungen sein, zu denen u. a. auch eine Blutuntersuchung und eine bildgebende Untersuchung des Gehirns mittels Computer- oder Magnetresonanztomografie gehört (Überweisung zum Radiologen).
Je früher desto besser?
Eine Früherkennung bedeutet, dass Betroffene sich bewusst mit der Diagnose auseinandersetzen müssen. Da die Krankheit nicht heilbar ist, stellt die Diagnose eine große emotionale Belastung dar. Zuwendung und Einfühlungsvermögen von Seiten der Angehörigen sind nun gefragt, um Betroffenen Unterstützung und Halt zu geben. Oftmals ist die Angst vor der Diagnose so groß, dass Betroffene den Arztbesuch am liebsten vermeiden wollen. Versuchen Sie in diesem Fall den Nutzen und die Chancen einer frühzeitigen Diagnose in den Vordergrund zu stellen. Sie bedeutet ein frühzeitiges Einleiten therapeutischer Maßnahmen und ermöglicht selbstbestimmte Vorkehrungen für die Zukunft.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Eine Heilung der Krankheit ist derzeit nicht möglich. Die verfügbaren Medikamente können jedoch den Krankheitsverlauf verzögern und somit die Lebensqualität von Betroffenen und Angehörigen verbessern. Neben der Behandlung der Demenz ist auch die Therapie von Begleiterkrankungen von zentraler Bedeutung und kann sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken.
So sollte im Rahmen einer Demenztherapie auch ein eventuell vorhandener Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder Diabetes mitbehandelt werden.
Nicht-medikamentöse Behandlung
Im Rahmen einer Demenztherapie können insbesondere auch nicht-medikamentösen Maßnahmen eine wichtige Rolle spielen. Für viele dieser Maßnahmen sind Wirksamkeit und Nutzen gut belegt. Im frühen bis mittleren Stadium unterstützen sie eine Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten. In allen Krankheitsstadien tragen sie zur Verbesserung des Wohlbefindens und der Lebensqualität bei.
> Hirnleistungstraining (kognitives Training) zielt insbesondere im frühen Stadium darauf ab, kognitive Fähigkeiten zu erhalten bzw. zu trainieren. Es existieren auch Gruppenangebote.
> Ergotherapie soll die Fähigkeiten im Alltag verbessern oder stabilisieren. Gemeinsam mit Betroffenen werden praktische Problemlösungen für den Alltag erarbeitet.
> Erinnerungstherapie oder Musiktherapie können zur Verbesserung des psychischen Wohlbefindens beitragen. Bei der Erinnerungstherapie werden zum Beispiel frühere Ereignisse und Erfahrungen in Einzel- oder Gruppengesprächen besprochen und durch Fotos, Videos oder Gegenstände unterstützt.
> Physiotherapie, körperliche Bewegung und Sport können die körperliche Fitness steigern und Unruhegefühle verringern.
> Milieutherapie. Demenzkranke Menschen erleben ihr Umfeld anders und sind nicht mehr in der Lage sich ihrer Umgebung anzupassen. Daher liegt ein wichtiger Ansatzpunkt in der Einstellung des persönlichen Umfeldes auf die Beeinträchtigungen der Betroffenen.
> Kunsttherapie kann Mithilfe von Gemälde-Betrachtungen und eigenem Gestalten das Selbstvertrauen stärken und positive emotionale Erfahrungen vermitteln. Kunst wird hierbei als nonverbaler Kommunikationsweg genutzt, über den sich Betroffene bei bereits eingeschränkten geistigen Fähigkeiten ausdrücken können.
Einige dieser Maßnahmen können sogar durch Ihren Arzt verordnet werden, so dass ein Teil der Kosten durch die Krankenkassen übernommen wird. Sprechen Sie Ihren Arzt auf diese Möglichkeit an.
Medikamentöse Behandlung
Für die medikamentöse Behandlung der Alzheimer-Demenz und der Demenz im Rahmen einer Parkinson-Erkrankung stehen seit einigen Jahren sogenannte Antidementiva zur Verfügung. Sie sollen die Signalübertragung der Nervenzellen auf unterschiedliche Weise verbessern. Während es bislang kein Medikament gibt, das eine Demenz heilen kann, kann in manchen Fällen das Fortschreiten der Symptome verlangsamt werden. So kann häufig die geistige Leistungsfähigkeit über längere Zeiträume erhalten bleiben. Eine medikamentöse Therapie ist jedoch nicht bei jeder Demenzerkrankung sinnvoll. Ihr Arzt kann Sie hierzu beraten.
Kann man Demenz vorbeugen?
Keine Maßnahme kann eine Demenzerkrankung mit Sicherheit verhindern. Heute weiß man allerdings, dass einige präventive Maßnahmen das Erkrankungsrisiko verringern. Dazu zählen vor allem Veränderungen des Lebensstils. Da die krankhaften Veränderungen der Nervenzellen bereits etwa 15–30 Jahre vor dem erstmaligen Auftreten von Symptomen beginnen, sind präventive Maßnahmen schon ab einem mittleren Lebensalter zwischen 30 und 50 Jahren von Bedeutung:
> Reduzierung und Behandlung von Gefäß-Risikofaktoren (Bluthochdruck, Rauchen, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes, Übergewicht)
> Körperliches Training bzw. sportliche Aktivität (mindestens 90 Minuten/Woche)
> Ein geistig, körperlich und sozial aktiver Lebensstil
> Gesunde Ernährung (insbesondere mit der sogenannten Mittelmeerkost)
Spermidin zur Prävention?
Den ungewöhnlichen Namen erhielt Spermidin, weil die Substanz erstmals in der Samenflüssigkeit entdeckt wurde. Die körpereigene Substanz findet man allerdings in den meisten Körperzellen. Spermidin ist die einzige bekannte und körpereigene Substanz, die den Prozess der Zellerneuerung, die sogenannte Autophagie, aktivieren kann. Das macht Spermidin zu einem interessanten Kandidaten bei der Vorbeugung neurogenerativer Erkrankungen.
Der Vorgang der Autophagie ist mit einer zellulären Müllabfuhr zu vergleichen. Alte und beschädigte Zellbestandteile werden abgebaut und recycelt. Für die Entdeckung dieses Prozesses wurde 2016 der Nobelpreis für Medizin verliehen. Sowohl die Aktivität der Autophagie als auch die körpereigene Spermidin-Produktion lassen mit dem Alter nach. Forscher sehen deshalb in der gezielten Aufnahme von Spermidin eine Möglichkeit, altersbedingten Erkrankungen vorzubeugen. Spermidin können wir über die Nahrung zu uns nehmen. Besonders reich an Spermidin sind Weizenkeime. Für eine gezielte Zufuhr von Spermidin stehen in der Apotheke mittlerweile Nahrungsergänzungsmittel mit hohem Spermidingehalt zur Verfügung.
Das Leben verändert sich nach der Diagnose
Die Diagnose Demenz bedeutet, dass sich sowohl das Leben des Betroffenen als auch das der Angehörigen grundlegend und dauerhaft verändert. Die erschütternde Gewissheit wirft in der Regel zahlreiche Fragen auf. Emotionen wie Wut, Angst, Traurigkeit und Verzweiflung entstehen und sind völlig normal. Ein Austausch mit anderen Betroffenen kann bei der Verarbeitung sehr hilfreich sein.
Entscheiden Sie sich dafür, ein betroffenes Familienmitglied selbst zu betreuen und zu pflegen, übernehmen Sie eine sehr zeitintensive und oftmals langjährig belastende Aufgabe. Pflegende Angehörige opfern sich bei der Versorgung eines demenzkranken Familienmitglieds häufig auf. Das soziale Umfeld wird aufgrund von Zeitmangel vernachlässigt, eigene Interessen, Hobbies und die Gesundheit werden häufig hintangestellt. In fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung muss oftmals eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung sichergestellt werden. Zusätzlich wird die Geduld der Pflegenden durch ständig wiederholte Fragen oder auch unruhiges Umherwandern der Erkrankten auf die Probe gestellt. Die Persönlichkeit und das Verhalten der Betroffenen können sich durch die Krankheit sehr stark verändern. Viele Angehörige nehmen dies als große Belastung wahr, manche empfinden es sogar als Abschied von einem vertrauten und geliebten Menschen.
Nutzen Sie Wege, um frühzeitig Unterstützung und Entlastung zu finden.
Diese emotionalen und körperlichen Herausforderungen kann und muss niemand voll und ganz alleine bewältigen. Es gibt zahlreiche Unterstützungsangebote, die Ihnen Entlastung ermöglichen können. Scheuen Sie sich nicht, diese Angebote frühzeitig in Anspruch zu nehmen. Erste Anlaufstellen sind beispielsweise das bundesweite Alzheimer-Telefon (030 – 259 37 95 14), das Zentrum Überleben unter www.pflegen-und-leben.de oder die Webseite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V., die zahlreiche Entlastungsangebote für pflegende Angehörige beschreibt: www.deutsche-alzheimer.de. Emotionale Unterstützung können Sie darüber hinaus im Austausch mit anderen Angehörigen, z. B. im Rahmen einer Angehörigen-Selbsthilfegruppe erfahren.
Autofahren
Die Einschränkung der eigenen Mobilität, insbesondere das Zurückgeben der Fahrerlaubnis stellt für die meisten Menschen einen schweren Einschnitt dar. Oft ist es verbunden mit einem Gefühl der Abhängigkeit und Inkompetenz. Die Fähigkeit, ein Auto sicher fahren zu können, geht jedoch im Krankheitsverlauf schnell verloren, auch wenn die Betroffenen sich dies zunächst vielleicht noch nicht eingestehen wollen. Um sich und andere nicht zu gefährden, sollte das eigenständige Autofahren daher frühzeitig überdacht werden. Dafür ist es sinnvoll und unterstützend Alternativen zu suchen, einzuüben und so neue Gewohnheiten zu schaffen. Das Bilden von Fahrgemeinschaften mit Angehörigen, Nachbarn oder Freunden kann neben der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel eine gute Möglichkeit darstellen, weiterhin eigenständig Einkäufe oder Arztbesuche zu erledigen.
Beruf
Nach Sicherung der Diagnose stehen Betroffene möglicherweise vor der Frage, ob sie ihren Beruf weiterhin ausüben können. Besteht der Wunsch weiterzuarbeiten, kann es hilfreich sein, Arbeitgeber und Kollegen über die Erkrankung zu informieren und das weitere Vorgehen gemeinsam zu besprechen. Dabei ist abzuwägen, welche Tätigkeiten in welchem Umfang noch möglich sind. Sinnvoll kann eine Reduktion der Arbeitszeit sowie die Übernahme eines definierten Aufgabengebiets sein. Ist die Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben, haben Betroffene Anspruch auf Krankengeld.
Bei Fragen rund um dieses Thema können Sie sich an die Krankenversicherung, Arbeitnehmervertretung oder Gewerkschaft wenden. Fragen bezüglich beruflicher und medizinischer Rehabilitation und zur Berentung beantwortet die Deutsche Rentenversicherung.
Kleine Kniffe machen das Leben leichter
> Termine
> Wichtige Termine sollten im Kalender notiert werden.
> Die Erinnerungsfunktion des Handys kann hilfreich sein.
> Freunde und Familienmitglieder können damit beauftragt werden, an wichtige Termine zu erinnern.
> Alltag strukturieren
> Ein Wochenplan mit den wichtigsten Aufgaben schafft Sicherheit.
> Wichtige Gegenstände wie Schlüssel, Portemonnaie und Brille sollten stets am gleichen Ort aufbewahrt werden.
> Ablageorte wie Schränke können von außen mit einem Notizzettel versehen werden, auf dem der Inhalt notiert ist.
> Kochen
> Vertraute oder einfache Rezepte erlauben ein Erfolgserlebnis beim Kochen.
> Gemeinsam mit Angehörigen, Nachbarn oder Freunden kochen bringt Freude und die sozialen Kontakte können sich positiv auf die Erkrankung auswirken.
> Die tägliche Lieferung eines warmen Mittagessens direkt nach Hause kann entlasten, wenn das Kochen Schwierigkeiten bereitet. Nähere Infos zu „Essen auf Rädern“ erhalten Sie z. B. beim Deutschen Roten Kreuz.
> Telefonieren
> Telefone mit großen Tasten erleichtern die Bedienung.
> Wichtige Telefonnummern (z. B. von den Kindern, dem Arzt oder dem Pflegedienst) können bei vielen Geräten auf einer mit Bild versehenen Durchwahltaste hinterlegt werden.
> Hausrat
> Eine Verkleinerung des Hausrates verschafft einen besseren Überblick und hilft Dinge schneller zu finden.
> Nicht mehr verwendete Kleidungsstücke, Haushaltsgeräte etc. sollten aussortiert werden.
Sprechen Sie frühzeitig über die Zukunft
Im Anfangsstadium der Demenz ist die Fähigkeit selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen noch erhalten. Das ermöglicht die Klärung wichtiger Themen, wie Art der Betreuung, Finanzen, therapeutische Maßnahmen etc. Die Wünsche des Betroffenen können dabei berücksichtigt werden. Sie erhalten dadurch eine Form der Selbstbestimmung und Kontrolle.
Das gemeinsame Besprechen von Wünschen für die Lebensweise in späteren Phasen der Erkrankung und am Lebensende kann auch die Angst vor der Zukunft mildern. Eine frühzeitige Festlegung der Personen, die bei fortgeschrittener Erkrankung rechtskräftig Entscheidungen im Sinne des Erkrankten treffen sollen, ist ebenfalls von großer Bedeutung.
Patientenverfügung
Eine Patientenverfügung hält fest, welche medizinischen Maßnahmen z. B. im Falle eines lebensbedrohenden Zustandes ergriffen oder unterlassen werden sollen, falls die betroffene Person zu einer selbständigen Entscheidung nicht mehr in der Lage ist. Sie kann auch eine bestimmte Person bevollmächtigen, diese Entscheidungen zu treffen (sogenannte Vorsorgeverfügung bzw. Vorsorgevollmacht). Gültigkeit erlangt eine Patientenverfügung allerdings nur, wenn der Betroffene beim Unterzeichnen geistig noch in der Lage ist, den Inhalt und die Bedeutung dieses Dokuments zu verstehen. Hinweise hierzu erhalten Sie z. B. beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unter www.bmjv.de oder bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) unter www.patientenberatung.de.
Wie die zeitliche Orientierung leichter gelingt
Häufig können Menschen mit Demenz Uhrzeiten oder Zeiträume nicht mehr richtig einschätzen und verstehen. Die zeitliche Struktur des Tages löst sich auf. Dadurch wird die Alltagsbewältigung sehr erschwert. Nutzen Sie zur Unterstützung der zeitlichen Orientierung wichtige Eckpunkte des Tagesablaufs, wie z. B. „nach dem Mittagessen“ anstelle von genauen Uhrzeiten wie „um 12:00 Uhr“.
Wie Sie auf immer gleiche Nachfragen reagieren können
Angehörige müssen sich häufig mit immer wiederkehrenden Fragen beschäftigen. Versuchen Sie dabei, die Geduld zu bewahren und die Frage immer wieder ruhig zu beantworten. Sie können die Antwort aufschreiben und bei wiederholter Frage auf die Notiz verweisen. Gibt es eine zugrundeliegende Ursache für die Frage, die Sie ergründen und dann gezielt darauf eingehen können? Fragt der Betroffene z. B. immer wieder, wann es Mittagessen gibt, ist er vielleicht hungrig.
Wie kann man Betroffene im Alltag motivieren?
Menschen mit Demenz betonen häufig, wie wichtig es ihnen ist, möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Das Gefühl nützlich zu sein ist dabei ebenso wichtig wie die persönliche Wertschätzung des Umfelds. Beim Bestreiten des Alltags ist es wichtig, die Betroffenen im Rahmen ihrer Möglichkeiten einzubinden und ihnen auch bestimmte Dinge zuzutrauen. Viele Fähigkeiten bleiben noch lange erhalten und sollten gezielt gefördert werden. Dabei kommt es nicht auf eine perfekte Durchführung an, sondern auf das Gefühl der Selbstwirksamkeit, das den Betroffenen vermittelt wird. Zahlreiche Beschäftigungen können Betroffene oftmals noch selbsttätig ausführen:
> Tischdecken
> Staubwischen
> Schuhe putzen
> Gartenarbeit, zum Beispiel Unkraut jäten oder Gießen
> Gemeinsames Singen oder musizieren
> Betrachten von Fotoalben
> Durchsehen von überwiegend illustrierten Büchern und Zeitschriften
Was tun bei Schlafstörungen?
Schlafstörungen sind häufig, so dass Betroffene nicht selten nachts in der dunklen Wohnung umherirren. Eine aktive Tagesgestaltung mit Spaziergängen an der frischen Luft erhöht die Chance auf eine ruhige Nacht. Vermeiden Sie darüber hinaus, dass Betroffene tagsüber schlafen, da dies den Schlafdruck am Abend vermindert. Weiterhin sollten Betroffene abends keinen erregenden Eindrücken wie z. B. lauter Musik ausgesetzt werden und auch anregende Getränke ab nachmittags meiden. Da ein nächtliches Herumirren die Gefahr von Unfällen mit sich bringt, sollte die Wohnung sicher gestaltet werden. Dazu können an Treppen Sicherheitsgitter angebracht werden. Die Wohnungs- und Küchentür können abgeschlossen werden, um ein Weglaufen zu verhindern. Die Verletzungsgefahr mit Küchenutensilien wie einem Messer können Sie ebenfalls verringern. Wenn die Schlafprobleme zu einer Belastung werden, suchen Sie das Gespräch mit dem Arzt, um über weitere Möglichkeiten zu beraten.
Essen und Trinken ermöglichen und erleichtern
Zuweilen vergessen Menschen mit Demenz im Verlauf ihrer Erkrankung das Trinken. Dies kann gesundheitliche Folgen haben, weshalb auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden sollte. Als Richtwert gilt eine tägliche Trinkmenge von mindestens einem Liter Wasser. Erinnern Sie die Betroffenen immer wieder ans Trinken oder servieren sie regelmäßig Suppen zum Essen. Wenn auch das Essen vergessen wird, können Sie regelmäßig kleine Mahlzeiten anbieten oder Essenszeiten festlegen, zu denen Sie gemeinsam essen. Hat die betreffende Person Probleme mit Messer und Gabel umzugehen, schneiden Sie die Speisen schon vorher in mundgerechte Stücke.
Unterstützung bei der Körperpflege
Mit Fortschreiten der Demenz vernachlässigen Betroffene häufig ihre Körperpflege, weil sie sie vergessen oder damit überfordert sind. Die Motivation zur Körperpflege und auch die Unterstützung dabei benötigen großes Fingerspitzengefühl. Lassen Sie die Demenzkranken bei der Körperpflege so viel wie möglich selbst erledigen. Es kann schon ausreichen, wenn Sie nur die Reihenfolge vorgeben oder Kamm und Zahnbürste anreichen, die Betroffenen können die Handlungen dann selbst noch ausführen. Halten Sie dabei stets die gleiche Reihenfolge ein und versuchen Sie das Waschritual so angenehm wie möglich zu gestalten. Achten Sie zum Beispiel auf weiche Handtücher oder lassen Sie sich von der Lieblingsmusik des Betroffenen begleiten.
Was kann man beim Toilettengang beachten?
Es kann im Rahmen der Demenz vorkommen, dass Betroffene einnässen oder einkoten. Der Gang zur Toilette wird möglicherweise versäumt, weil der Stuhl- und Harndrang nicht mehr richtig gedeutet werden kann. In diesem Fall kann es helfen, wenn Sie den Betroffenen regelmäßig zur Toilette führen. Es kann aber auch sein, dass Menschen mit Demenz die Toilette nicht rechtzeitig auffinden können. Achten Sie daher darauf, dass die Toilette leicht zu finden ist oder der Weg dorthin beispielsweise durch eine Ausschilderung erleichtert wird. Die Kleidung sollte dabei für den Betroffenen leicht zu öffnen sein. Ist die Demenz fortgeschritten, kann die Muskulatur, die Blase und Darm reguliert, meist immer weniger kontrolliert werden. Es kommt zur Inkontinenz. Für Angehörige und Betroffene selbst stellt das eine Belastung dar, die oft von Ekel, Scham und Schuldgefühlen begleitet ist. Für die Angehörigen ist es oftmals nicht leicht, gelassen mit der Situation umzugehen. Die Betroffenen versuchen möglicherweise, eine eingenässte Unterhose zu verbergen. Wird die Inkontinenz zum belastenden Problem, sollten Einlagen und die Hilfe durch einen professionellen Pflegedienst in Erwägung gezogen werden.
Umgang mit Anschuldigungen
Erinnerungslücken können dazu führen, dass Betroffene gesuchte Dinge nicht mehr auffinden und glauben, bestohlen worden zu sein. Manchmal werden auch Angehörige beschuldigt. Nehmen Sie die Anschuldigungen nicht persönlich. Rufen Sie sich stattdessen immer wieder in Erinnerung, dass das Verhalten eine Folge der Erkrankung ist. Kann der Demenzkranke etwas nicht mehr finden und beschuldigt Sie, es genommen zu haben, helfen Sie beim Suchen des vermissten Gegenstands. Sind Ihnen mit der Zeit gewisse „Verstecke“ bekannt, suchen Sie diese regelmäßig ab. So können Sie Anschuldigungen schon im Vorfeld vorbeugen. Achten Sie auch beim Müllrausbringen darauf, ob Gegenstände fälschlicherweise mit dem Hausmüll entsorgt wurden. Die fortschreitenden Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung werden vom Betroffenen selbst meist nicht als eigenes Unvermögen aufgefasst. Vielmehr werden Andere dafür verantwortlich gemacht. Gelingt zum Beispiel die Bedienung der Kaffeemaschine nicht mehr, wird ein technischer Defekt des Geräts dafür vermutet. Die Betroffenen reagieren dabei häufig mit Frustration und Unverständnis auf die Probleme, die sich ihnen stellen. Einfühlungsvermögen und Unterstützung sind dann von Ihnen gefragt. Anerkennende und beruhigende Worte nehmen zusätzlich den Stress und vermitteln ein Gefühl der Sicherheit.
Sinnlose Diskussionen umlenken
Betroffene haben aufgrund ihrer Krankheit große Schwierigkeiten logischen Argumenten zu folgen. In solchen Situationen sind Diskussionen oftmals nicht zielführend und sollten vermieden werden. Sucht der Demenzkranke beispielsweise seine Mutter, antworten Sie anstelle von: „Deine Mutter ist doch schon lange tot.“ besser mit: „Du vermisst Deine Mutter, oder?“ Dadurch können Sie ein emotional aufwühlendes Thema einfühlsam ansprechen und zusätzliche Verwirrung vermeiden.
Sollte man das Umfeld informieren?
Ein offener Umgang mit der Diagnose gegenüber dem Umfeld wirkt sich zumeist positiv aus. Es muss nicht mühsam versucht werden, die Krankheit zu verstecken und Angehörige kommen nicht in Erklärungsnot. Das Umfeld reagiert dabei in der Regel verständnisvoll oder bietet Unterstützung an.
Angst und Scham
Einige Menschen mit Demenz haben Angst davor, nicht mehr ernst genommen oder bevormundet zu werden. Sie wollen daher nicht, dass ihre Erkrankung offen kommuniziert wird. Die Betroffenen bemerken meist noch vor allen anderen, dass ihre Gedächtnisleistungen nachlassen. Sie versuchen Erinnerungslücken aus Scham zunächst zu kaschieren und fühlen sich gedemütigt, wenn dies nicht mehr gelingt. Vermeiden Sie es daher, den Betroffenen bloßzustellen, indem Sie die Person vor anderen direkt mit der von Ihnen beobachteten Vergesslichkeit konfrontieren. Warten Sie stattdessen einen ruhigen Moment ab. In einem vertrauensvollen Gespräch kann es sinnvoll sein, nicht von Demenz zu sprechen, sondern von Vergesslichkeit oder Durchblutungsstörungen. So lässt sich der Betroffene vielleicht von einer Vorsorgeuntersuchung überzeugen und der Arzt kann mögliche Ursachen abklären.
Wie geht man mit Aggressionen um?
Menschen mit Demenz reagieren gelegentlich aggressiv. Ausgelöst wird dieses Verhalten häufig durch Angst oder Überforderung. Versuchen Sie in einem solchen Fall, Ruhe zu bewahren und das Verhalten nicht persönlich zu nehmen. Meist ist es hilfreich, den Betroffenen abzulenken, z. B. mit etwas, das er gerne tut. Versuchen Sie herauszufinden, wodurch die aggressive Reaktion ausgelöst wurde, um derartige Situationen künftig vermeiden oder angenehmer gestalten zu können. Vermeiden Sie jegliche Form der Provokation oder auch Bestrafung.
Depressiver Verstimmung entgegenwirken
Die Erkrankung kann depressive Verstimmung und Antriebslosigkeit hervorrufen. Entgegnen Sie diesen Stimmungen mit einer aktiven Einbindung in Alltagsaufgaben. Unternehmungen oder Tätigkeiten, mit denen Betroffene Positives verbinden, können sie zur Stimmungsbesserung führen. Dabei können Sie sich zum Beispiel an früheren Hobbys orientieren. Selbst wenn die benötigte Hilfestellung mit Fortschreiten der Krankheit immer größer wird, sind Erkrankte bis zuletzt sehr empfänglich für Stimmungslagen. Das heißt, sie nehmen sehr gut wahr, ob ihnen mit Zuneigung und Fürsorge oder mit Gleichgültigkeit oder Abneigung begegnet wird.
Was kann ich bei Unruhe tun?
Häufig werden Menschen mit Demenz von innerer Unruhe geplagt: Sie laufen ziellos in der Wohnung umher, scheinen etwas zu suchen, das sie nicht finden oder neigen sogar zum Weglaufen. Die Unruhe kann auch die Hände betreffen, die ständig in Bewegung sind. Schubladen werden geöffnet, Jacken auf- und wieder zugeknöpft. Beschäftigt sich der Betroffene z. B. immer wieder mit dem Abstauben des Regals, akzeptieren Sie es. Solange niemand gefährdet wird und Sie es erdulden können, halten Sie die Person von solchen Handlungen nicht ab. Sie sorgen für Beschäftigung. Das Gehen ist eine der wenigen Tätigkeiten, die Demenzkranke oft noch lange selbstständig ausführen können. Es vermittelt ihnen daher ein gewisses Selbstwertgefühl und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit.
Für Angehörige kann Unruhe sehr strapazierend sein, da sie ständig aufpassen müssen, dass der Demenzkranke nicht davonläuft, sich verletzt oder etwas Wichtiges verlegt. Dazu kommt, dass sich das „Umherwandern“ manchmal auch auf die Nacht ausdehnt. Beobachten Sie dieses Verhalten, unternehmen Sie gemeinsame Spaziergänge und versuchen Sie die Person zu beschäftigen. Wenn möglich, gewähren Sie das Laufen. Suchen Sie nach Ursachen für Unruhe. Nicht immer ist das Umherwandern eine Reaktion auf Langeweile, sondern kann auch eine Folge von – bisher unerkannten – Schmerzen sein. Benachrichtigen Sie vorsorglich die Nachbarn darüber, dass der Betroffene sich manchmal verläuft und eine schlechte Orientierung hat. Im Zweifelsfall kann die Person so wieder nach Hause begleitet werden. Im Falle des Verlaufens ist es hilfreich, wenn Menschen mit Demenz Visitenkarten oder Namens-, und Adressschilder bei sich haben. Sie können an einem Anhänger befestigt werden, den man der Person täglich umhängt bzw. in die Tasche steckt. Ein Hinweis über das Vorliegen einer Demenz kann dabei zu einer schnellen Klärung und Einschätzung Unbeteiligter beitragen. Eine fortgeschrittene Lösung stellen auch Personenortungsgeräte dar. Spezielle Fußmatten, die mit Sensoren ausgestattet sind, melden ein Verlassen der Wohnung. Bei Interesse beraten Alzheimer-Gesellschaften in solchen Angelegenheiten gerne.
Geraten Sie nicht in Panik, wenn der Betroffene unbemerkt das Haus verlässt. Suchen Sie in der Nachbarschaft nach ihm und benachrichtigen Sie die Polizei. Machen Sie sich keine Vorwürfe, Sie können nicht 24 Stunden täglich ein Auge auf Ihren Angehörigen haben.
Sicher ist sicher – Maßnahmen zur Verringerung von Risiken
Durch die fortschreitenden Einschränkungen der geistigen Leistung sind Menschen mit Demenz vermehrt Gefährdungen im Alltag ausgesetzt. Gezielte Maßnahmen reduzieren Unfallrisiken: Eine gute Beleuchtung der Wohnung kann bei nächtlicher Desorientiertheit Stürzen im Dunkeln vorbeugen. Ein rutschfester Boden, vor allem im Bad, trägt zusätzlich zur Sicherheit bei. Bewahren Sie Gegenstände wie Reinigungsmittel, bestimmte Medikamente oder giftige Pflanzen außerhalb der Reichweite der Betroffenen auf. Lassen Sie demenzkranke Raucher nie unbeaufsichtigt rauchen. Um Brände allgemein zu vermeiden, ist es sinnvoll, technische Geräte wie Bügeleisen oder Herde mit Abschalt-Automatik einzusetzen.
Wohnt ein Mensch mit Demenz noch alleine, kann die Einrichtung eines sogenannten Hausnotruf-Systems sinnvoll sein. Dabei handelt es sich um einen beispielsweise am Körper befestigten Sender, der direkt mit einer Notrufzentrale verbunden ist. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie beim Deutschen Roten Kreuz, dem Malteser-Hilfsdienst oder bei der Johanniter-Unfall-Hilfe. Wenn Sie regelmäßige Telefonate mit dem Betroffenen vereinbaren, könnte ein Ausbleiben des Anrufs frühzeitig auf einen Notfall hinweisen. Das Aushändigen eines Zweitschlüssels zur Wohnung des Demenzkranken ermöglicht es Angehörigen jederzeit Zugang zur Wohnung zu haben. Zusätzlich stellt dies eine sinnvolle Absicherung dar, falls der Betroffene seinen Wohnungsschlüssel nicht mehr auffinden kann.
> Betroffene sollten „auf Augenhöhe“ behandelt werden. Beziehen Sie sie in Entscheidungen ein, soweit dies möglich ist.
> Sprechen Sie in kurzen und einfachen Sätzen mit den Betroffenen. Unterstreichen Sie Ihre Aussagen mit Gestik und Mimik.
> Vermeiden Sie Kritik wegen fehlerhaft durchgeführter Tätigkeiten und sprechen Sie Gedächtnislücken nicht direkt an. Ermutigen und loben Sie dafür umso häufiger. Aussagen wie: „Warum weißt Du das denn nicht mehr, das war doch erst heute Morgen“ verunsichern undbeschämen die Betroffenen.
> Verzichten Sie auf regelmäßiges Abfragen von Fakten oder andere vermeintliche Gedächtnistrainings. Das konfrontiert den Betroffenen lediglich mit seinen Defiziten und führt eher zu Frustration und Schamgefühl.
Was bringt die Zukunft?
In Deutschland wird die Zahl alter und hochbetagter Menschen in den kommenden Jahrzehnten weiter ansteigen. Zwangsläufig wird auch die Zahl an demenzkranken Personen anwachsen. Obwohl bemerkenswerte Fortschritte beim Verständnis der Krankheit erzielt wurden, ist eine Heilung bisher nicht möglich. Die intensive Suche nach neuen Therapieansätzen wird die medizinische Forschung daher auch in den kommenden Jahren bestimmen. Bereits jetzt sind zahlreiche Medikamente in der klinischen Entwicklung. Manche dieser Medikamente sollen die Bildung und Ablagerung schädlicher Eiweiße vermindern, die für die Entstehung der Erkrankung verantwortlich gemacht werden. Andere haben die Entfernung solcher Eiweiße zum Ziel. Diese neuen Medikamente müssen ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit in klinischen Tests jedoch erst noch unter Beweis stellen.
Ein besseres Verständnis für die Krankheit und den richtigen Umgang mit Erkrankten sowie eine Ausschöpfung bereits verfügbarer Therapiemöglichkeiten können schon heute die Lebensqualität von Betroffenen und Angehörigen verbessern. Neben den medikamentösen Behandlungsansätzen weiß man inzwischen auch um die große Bedeutung nicht-medikamentöser Therapieformen und vorbeugender Maßnahmen. Auch wenn es den entscheidenden Durchbruch noch nicht gegeben hat, stehen wir der Krankheit nicht hilflos gegenüber.
Wissen auf den Punkt gebracht – das Wichtigste zum Schluss
> Bei einer Demenz kommt es zu einem fortschreitenden Verlust der geistigen Fähigkeiten. Dies äußert sich vor allem durch Beeinträchtigungen der Merkfähigkeit.
> Ein Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter ist bis zu einem gewissen Maß ein normaler Prozess, ohne dass dahinter sofort eine Demenz vermutet werden muss.
> Beeinträchtigt die Vergesslichkeit die Bewältigung Ihres Alltags, sollte der Arzt aufgesucht werden.
> Als therapeutische Maßnahmen bei Demenz stehen sowohl Medikamente als auch nicht-medikamentöse Behandlungsstrategien zur Verfügung. Eine Heilung ist jedoch nicht möglich.
> Ein geistig, körperlich und sozial aktiver Lebensstil kann das Risiko verringern an Demenz zu erkranken.
> Zahlreiche kleine und große Alltagshilfen können das Leben für Demenzkranke und ihre Angehörigen sicherer und leichter machen.
> Zur Entlastung pflegender Angehöriger gibt es zahlreiche Unterstützungsangebote – nehmen Sie diese frühzeitig in Anspruch, um die eigene Gesundheit nicht zu gefährden.
Wir danken Prof. Dr. Johannes Pantel, Leiter des Arbeitsbereichs Altersmedizin mit Schwerpunkt Psychogeriatrie und klinische Gerontologie des Instituts für Allgemeinmedizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main für die fachredaktionelle Unterstützung bei der Erstellung dieses Ratgebers.
Schlusswort
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit dieser Broschüre hilfreiche Tipps für den Umgang mit Demenz geben konnten. Falls Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Arzt oder nutzen Sie Hilfsangebote wie das Alzheimer-Telefon (030 – 259 37 95 14) der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V.
P6502267-02-0521