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Mukoviszidose – Burkholderia cepacia

Burkholderia cepacia ist ein stäbchenförmiges Bakterium, das von Patient zu Patient übertragen wird. BCC-infizierte Mukoviszidosepatienten können demnach andere Betroffene anstecken.

Burkholderia (B.) cepacia ist ein stäbchenförmiges Bakterium mit einer Länge von 1,6–3,2 μm (Mikrometer; zum Vergleich: ein Haar ist ca. 100 μm dick). Es wurde 1949 von Walter H. Burkholder entdeckt und noch bis 1992 zu den Pseudomonaden gezählt (vergl. Teil 1: Pseudomonas aeruginosa).

Der Erreger B. cepacia ist sehr anpassungsfähig. Mit seinen fadenförmigen Zellfortsätzen heftet er sich in den Atemwegen an Bestandteile des Schleims und an die Zellen der Schleimhaut an. B. cepacia bildet Biofilme, die für Antibiotika nicht leicht zu überwinden sind. Die Erreger sind gegen viele unterschiedliche Antibiotika resistent, gegen einige schon von Natur aus. Es gelingt ihnen sogar, innerhalb von Lungen- oder Immunzellen zu überleben.

Warum spricht man von Burkholderia cepacia-„Komplex“?

Der Zusatz „Komplex“ weist darauf hin, dass es sich bei Burkholderia cepacia-Komplex (engl. BCC) um eine Gruppe eng verwandter, aber dennoch verschiedener Bakterienarten (Spezies) handelt. Ursprünglich war man nämlich der Meinung, es gäbe nur eine Art namens Burkholderia cepacia. Erst im Laufe der Zeit fielen Unterschiede im Erbgut (Genom) auf. Fortan sprachen die Forscher von Burkholderia cepacia-Komplex und begannen, die Vertreter der Gruppe in sogenannte Genomovare zu gliedern.

Im Jahr 1997 kannte man bereits fünf Genomovare, später wurden daraus zehn. Inzwischen sind alle Genomovare formal in eine eigene Bakterienart umbenannt worden. Burkholderia cepacia-Komplex umfasst nunmehr mind. 17 unterschiedliche Spezies.

Für Mukoviszidose bedeutsam sind B. cenocepacia (ehem. Genomovar III), B. dolosa (ehem. Genomovar VI) und B. multivorans (ehem. Genomovar II). Diese Bakterien unterscheiden sich darin, wie ansteckend sie sind und wie schwer das Krankheitsbild ist, das sie auslösen.

Mukoviszidose Gattungen Burkholderia cepacia 

Verschiedene Arten der Gattung Burkholderia und ihre (frühere) Gliederung in Genomovare

Gibt es noch andere Burkholderia-Spezies?

Es gibt es noch viele andere Burkholderia-Arten, die nichts mit dem Burkholderia cepacia-Komplex zu tun haben. Dies sind beispielsweise B. gladioli und B. pseudomallei. Wahrscheinlich spielt B. gladioli bei Mukoviszidose auch eine Rolle.

Burkholderia pseudomallei kommt in tropischen Regionen Südostasiens und Australiens hauptsächlich in der Regenzeit vor (vergl. Teil 6: Seltene Erreger). Er kann eine lebensbedrohliche Infektion der Lunge verursachen, die Melioidose. Viele Ärzte raten Mukoviszidosepatienten von entsprechenden Reisen ab.

Wo kommen die Bakterien vor?

Man findet B. cepacia vorwiegend im Erdreich, an Pflanzen und deren Wurzeln. Darauf weist auch der Name hin: Das lateinische Wort „cepia“ bedeutet Zwiebel, da die Bakterien zunächst als Verursacher der Zwiebelfäule entdeckt wurden. B. cepacia-Komplex kommt auch im Sputum von Mukoviszidosepatienten vor. Allerdings findet man diese Erreger in Deutschland nur bei einer kleinen Zahl von CF-Patienten. In 2012 waren weniger als 4 % der Betroffenen mit BCC kolonisiert.

Wie gelangen die Bakterien in den Körper?

B. cepacia-Bakterien werden von Patient zu Patient übertragen. Das bedeutet, dass BCC-infizierte Mukoviszidosepatienten andere Betroffene anstecken können. Dabei spielen Atemwegssekrete und Sputum eine wichtige Rolle, da sie große Mengen von Burkholderia-Bakterien enthalten.

In vielen Fällen wird der Erreger auch aus Umgebungsquellen aufgenommen, beispielsweise aus dem Erdreich oder von verfaulten Zwiebeln. Auch klimatische Verhältnisse scheinen eine Rolle zu spielen, denn in Australien wurden mehr BCC gefunden, wenn es besonders viel geregnet hatte.

Wie häufig ist BCC bei Mukoviszidose?

Insgesamt sind nur wenige Patienten aus deutschen Mukoviszidose-Ambulanzen mit BCC infiziert; ihr Anteil lag in den letzten Jahren immer unter 5 %. Dabei machen die einzelnen Spezies einen unterschiedlich großen Anteil aller BCC-Infektionen aus.

Bekannt ist auch, dass die einzelnen Arten von Land zu Land unterschiedlich häufig anzutreffen sind und dass sich ihre Verteilung zudem im Laufe der Zeit verändert hat. So traten B. cenocepacia in einigen Ländern seltener auf, nachdem strikte Hygieneregeln eingeführt worden waren (siehe unten). In Deutschland überwiegen B. multivorans und B. cenocepacia.

Welche Beschwerden und Erkrankungen verursacht B. cepacia-Komplex?

Die Erreger sind gefährlich für Menschen, deren Körperabwehr nur eingeschränkt funktioniert, wie zum Beispiel bei septischer Granulomatose. Bei dieser Erkrankung ist die Funktion der weißen Blutkörperchen derart beeinträchtigt, dass sie nicht mehr in der Lage sind, eingedrungene Krankheitserreger adäquat abzutöten. Bei diesen Patienten verursachen BCC lebensbedrohliche Lungenentzündungen.

Bei Mukoviszidose spielen die Krankheitserreger seit Beginn der 1980er Jahre eine Rolle. In der CF-Ambulanz in Toronto starben damals mehrere Patienten an einer Lungenentzündung mit Blutvergiftung, die durch BCC ausgelöst worden war. Das bis dahin unbekannte Krankheitsbild wurde „Cepacia-Syndrom“ genannt. Angesichts der Resistenz der Bakterien war die antibiotische Behandlung schwierig. Da die Erkrankung auch schon relativ gesunde Menschen mit Mukoviszidose betraf und in wenigen Tagen zu einer dramatischen Verschlechterung führte, löste das Cepacia-Syndrom erhebliche Ängste aus. Mithilfe strengster Hygieneregeln gelang es, die weitere Ausbreitung der Bakterien in der Patientengruppe aus Toronto zu begrenzen.

Nachdem man in den letzten 20 Jahren die B. cepacia-Bakterien genauer differenziert hatte, stellte man deutliche Unterschiede in den biologischen Eigenschaften dieser Erreger fest. Das gefährliche „Cepacia-Syndrom“ wurde ganz überwiegend von einem bestimmten Stamm (ET-10) verursacht, der sich von Kanada aus auch in das Vereinigte Königreich ausgebreitet hatte.

Das Immunsystem einzelner Patienten reagiert unterschiedlich auf den Erreger. Manche Patienten sind zwar mit B. cepacia besiedelt, erkranken jedoch nicht daran. Wenn eine Infektion mit B. cenocepacia chronisch wird, ist die häufigste Auswirkung ein etwas rascheres Fortschreiten der Lungenerkrankung, wie man es auch bei der Infektion mit Pseudomonas aeruginosa beobachten kann.

Bei Mukoviszidosepatienten verursachen B. cenocepacia (Genomovar III) und B. multivorans (Genomovar II) die größten Probleme. Beobachtet wurde eine deutlich kürzere Überlebenszeit als bei nicht infizierten Patienten. Auch nach Lungentransplantation wurde vielfach ein schlechterer Verlauf beobachtet, wenn CF-Patienten mit B. cepacia-Komplex infiziert waren. Vor der Transplantation ist bei BCC infizierten Patienten eine detaillierte Untersuchung der Bakterien sinnvoll.

Wie weist man die Bakterien nach?

Die Entnahme eines Rachenabstriches oder einer Sputumprobe gehört zu den Routine-Untersuchungen beim vierteljährlichen Ambulanzbesuch. Dabei soll mit speziellen Nährböden nach Burkholderia cepacia-Komplex gesucht werden. Anschließend wird getestet, welche Antibiotika gegen die Krankheitserreger wirksam sind (Resistenzprüfung).

Seit leistungsfähigere Analyse-Verfahren zur Verfügung stehen, ist die Identifizierung von Burkholderia-Bakterien für das mikrobiologische Labor keine so große Herausforderung mehr wie früher. In Hannover und in München ermöglichen zwei Konsiliarlaboratorien für Mukoviszidose-Bakteriologie eine detaillierte Untersuchung eingesandter Sputumproben.

Welche Regeln müssen B. cepacia-besiedelte Personen befolgen?

BCC-Bakterien können von Patient zu Patient übertragen werden. Daher sind Hygienemaßnahmen äußerst wichtig, um die Ansteckung anderer Betroffener zu verhindern. CF-Ambulanzen haben dazu spezielle Hygienerichtlinien entwickelt.

Beim Besuch der CF-Ambulanz oder des Krankenhauses muss sich der infizierte Patient die Hände sorgfältig desinfizieren. Auch das Tragen eines Mundschutzes wird vielfach empfohlen. Es wird dafür gesorgt, dass BCC-besiedelte Patienten von anderen CF-Patienten getrennt werden. Sie bekommen für die Sprechstunde besondere Termine, benutzen einen separaten Eingang ins Gebäude und werden in einem bestimmten Sprechzimmer behandelt.

Während eines Krankenhausaufenthalts liegen BCC-Besiedelte meist in einem Einzelzimmer. Personal und Besucher tragen im Zimmer einen besonderen Schutzkittel, Einmalhandschuhe und einen Mundschutz.

Wenn BCC-besiedelte Personen zum Arzt gehen und Physiotherapeuten oder andere medizinische Fachkräfte in Anspruch nehmen, sollten sie die Behandler über den BCC-Nachweis informieren.

Der Mukoviszidose e.V. bittet Patienten mit Problemkeimen wie BCC, freiwillig auf die Teilnahme an Veranstaltungen und Seminaren zu verzichten. Bei den üblichen sozialen Kontakten im Alltag oder in der Schule sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich.

Welche Antibiotika kommen zur Behandlung infrage?

Wenn BCC zum allerersten Mal bei einem Patienten isoliert wurde, wird man den Befund zunächst kontrollieren. Nicht selten verschwinden die Bakterien von allein wieder. Eine Antibiotikabehandlung ist auf jeden Fall nötig, wenn sich der Zustand der Lunge akut verschlechtert. Man spricht dann von einer Exazerbation.

Die Behandlung von BCC gestaltet sich nicht ganz einfach, weil die Bakterien gegen viele Antibiotika resistent sind, die normalerweise bei Mukoviszidose verwendet werden. Dennoch gibt es mehrere gut wirksame Antibiotika, auf die man zurückgreifen kann. Deren Auswahl erfolgt nach einer Empfindlichkeitstestung (Antibiogramm).

Normalerweise wird eine intravenöse Kombinationstherapie (Infusionstherapie) mit zwei verschiedenen Antibiotika durchgeführt. Zu den wirksamen Vertretern zählen in der Regel Meropenem in Kombination mit Ceftazidim, Amikacin oder Minocyclin. Auch Cotrimoxazol und Tetrazykline wirken gegen BCC. Manche Experten empfehlen auch hochdosiertes inhalatives Tobramycin als Kombinationspartner.

Bakterien des B. cepacia-Komplex sind von Natur aus resistent gegen Colistin. Wenn ein Patient nur mit BCC und nicht mit anderen Bakterien infiziert ist, sollte er dieses Antibiotikum nicht zur täglichen Inhalation verwenden.

Forscher entwickeln derzeit neue Antibiotika, bei denen der Arzneistoff in winzige Fetttröpfchen (Liposomen) verpackt ist. Solche Arzneimittel könnten bei BCC besser in die Zellen eindringen und möglicherweise dann auch besser wirken.

Wie erfolgreich ist die Antibiotikabehandlung?

Die Mehrzahl der Patienten spricht auf die Behandlung gut an. Wenn die Infektion mit Burkholderia cepacia schon lange besteht, werden die Bakterien durch die Antibiotikabehandlung zwar zurückgedrängt, jedoch nicht ausgemerzt. Daher findet man auch nach der Behandlung häufig noch BCC im Sputum.

Wie kann man sich vor Ansteckung schützen?

Eine wichtige potentielle Infektionsquelle sind andere Mukoviszidosepatienten, die mit BCC infiziert oder besiedelt sind. Aus diesem Grund trennt die CF-Am- bulanz Patienten mit BCC-Nachweis von anderen Mukoviszidosepatienten, z.B. durch separate Sprechstundenzeiten und spezielle Ambulanzräume.

Darüber hinaus haben Mukoviszidoseambulanzen Hygieneregeln für Sprechstunde und Krankenhaus festgelegt, die vom Personal und auch von Patienten und Eltern beachtet werden müssen. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei gründliches Händewaschen und die Händedesinfektion. Wie erfolgreich diese Hygienemaßnahmen sind, zeigt eine Untersuchung aus Manchester. Dort konnte die Häufigkeit von BCC bei Erwachsenen von 16 % auf unter 3 % zurück gedrängt werden.

In Feuchtbereichen der normalen häuslichen Umgebung ist BCC nicht verbreitet. Auch frisches Obst und Gemüse stellen normalerweise keine Gefahrenquelle dar. Verfaulte Zwiebeln können dagegen mit Burkholderia cepacia besiedelt sein und sollten auch aus diesem Grund gemieden werden.

Kann man gegen BCC impfen?

Es gibt bislang keinen Impfstoff gegen B. cepacia-Komplex. Bemühungen der Forscher blieben bisher erfolglos, auch weil zu wenig über die Immunantwort des Körpers bekannt ist.

Sind andere Personen gefährdet, wenn sie mit BCC-besiedelten Patienten Kontakt haben?

Für gesunde Familienangehörige, Freunde oder Mitschüler stellen Mukoviszidosepatienten mit Nachweis von B. cepacia-Komplex keine spezielle Gefährdung dar. Dagegen können die Bakterien auf andere Mukoviszidosepatienten übertragen werden (siehe oben).

 

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