Beide Krankheiten, die Windpocken und die Gürtelrose, werden durch das Varicella-Zoster-Virus ausgelöst. Das Virus gehört zur Familie der Herpesviren und verbleibt wie die anderen Vertreter dieser Virenklasse – beispielweise das für Lippenherpes („Fieberbläschen“) verantwortliche Herpes-simplex-Virus – nach einer Infektion lebenslang im Körper.
Windpocken / Gürtelrose
Vorwort
Liebe Patienten, liebe Eltern,
Sie interessieren sich für diesen Patienten-Ratgeber, da Sie oder Ihr Kind möglicherweise am Varicella-Zoster-Virus erkrankt sind. Bei Kindern liegt meistens eine Erstinfektion mit dem Virus vor, die sich in Form von Windpocken äußert. Nach dieser Infektion verbleibt das Virus lebenslang im Körper und kann, wenn das Immunsystem geschwächt ist oder wenn die Immunabwehr gegen das Virus aufgrund der Jahrzehnte zurück liegenden Windpockeninfektion abgenommen hat, wieder ausbrechen. Dann tritt eine Gürtelrose auf.
Mit diesem Patienten-Ratgeber möchten wir Ihnen helfen, beide Krankheiten und das verursachende Virus besser zu verstehen. Wann sollte wie behandelt werden? Wie können Spätfolgen einer Infektion vermieden werden? Wie verhält man sich richtig?
Auf diese und weitere Fragen rund um Windpocken und Gürtelrose finden Sie Antworten in diesem Artikel.
Der Zusammenhang zwischen Windpocken und Gürtelrose
Beide Krankheiten, die Windpocken und die Gürtelrose, werden durch das Varicella-Zoster-Virus ausgelöst. Das Virus gehört zur Familie der Herpesviren und verbleibt wie die anderen Vertreter dieser Virenklasse – beispielweise das für Lippenherpes („Fieberbläschen“) verantwortliche Herpes-simplex-Virus – nach einer Infektion lebenslang im Körper. Das Varicella-Zoster-Virus nistet sich bevorzugt an den Nervenwurzeln im Rückenmark oder den Ausläufern der Hirnnerven ein.
95 Prozent der Erwachsenen in Deutschland tragen den Erreger in sich. Die meisten haben sich in der Kindheit mit dem Virus infiziert und waren an Windpocken erkrankt.
Windpocken (Varizellen)
Die Erstinfektion mit dem Varicella-Zoster-Virus verursacht Windpocken. In der Fachsprache wird diese Krankheit Varizellen genannt. Weil diese Viren sehr ansteckend sind, ist die Krankheit vor allem unter Kindern verbreitet.
Bei Kindern mit einem funktionstüchtigen Immunsystem heilen die Windpocken in der Regel komplikationslos ab. Je älter Patienten bei einer Erstinfektion sind, desto eher verläuft die Windpockeninfektion hartnäckiger und langwieriger.
In knapp fünf Prozent aller Fälle treten Komplikationen während des Krankheitsverlaufs auf.
Windpocken sind hoch ansteckend
Windpocken sollten von einem Arzt diagnostiziert werden. Denn die Krankheit ist hochinfektiös: Eine Übertragung kann durch feinste Tröpfchen mit Viren aus dem Nasenrachenraum über mehrere Meter hinweg über die Luft erfolgen. Eine solche Infektion „mit dem Wind“ hat zur Bezeichnung der Krankheit als „Wind-Pocken“ geführt. Die Patienten sind bereits 2 Tage vor Krankheitsbeginn ansteckend und bleiben es für etwa 1 Woche bis zum vollständigen Verkrusten aller Bläschen. In dieser Zeit dürfen sie nicht in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Schulen gehen.
Der typische Krankheitsverlauf
Die Infektion kündigt sich mit einem leichten Fieber zusammen mit einem allgemeinen Krankheitsgefühl an. Kurz darauf beginnt der typische Hautausschlag: Rote, meist linsengroße Flecken entstehen, die sich schnell zu flüssigkeitsgefüllten Bläschen entwickeln, die im weiteren Verlauf aufplatzen und verkrusten. Der Ausschlag beginnt meist am Rumpf oder im Gesicht, kann jedoch auf den ganzen Körper übergehen. Weil über einige Tage hinweg immer wieder neue Flecken auftreten, sieht man auf der Haut die verschiedenen Stadien – rote Flecken, flüssigkeitsgefüllte und verkrustete Bläschen – gleichzeitig nebeneinander, weshalb das Krankheitsbild unter Fachleuten als „Sternenhimmel“ bezeichnet wird. Nach 1 – 2 Wochen heilt die Krankheit in der Regel folgenlos aus. Nach einer Infektion besteht eine lebenslange Immunität gegenüber Windpocken. Nichtsdestotrotz schlummert das Virus im Körper und kann in Phasen eines geschwächten Immunsystems wieder ausbrechen. Dann entsteht die Gürtelrose.
Besonders gefährdete Personen
Bei einer Erstinfektion mit dem Varicella-Zoster-Virus tragen folgende Personen ein erhöhtes Risiko für Komplikationen:
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- Jugendliche und Erwachsene
- Schwangere, da das Virus über die Plazenta auf das ungeborene Kind übergehen kann
- Personen, die Kortisonmedikamente einnehmen wie z. B. bei Rheuma
- Personen mit einer unterdrückten Immunabwehr, beispielsweise während einer Krebsbehandlung
- Neugeborene
Gürtelrose (Zoster)
Etwa 20 bis 30 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland erkranken im Verlauf ihres Lebens mindestens einmal an Gürtelrose. In der Fachsprache wird diese Krankheit auch Herpes Zoster oder kurz Zoster genannt. Meist wird die Gürtelrose durch ein geschwächtes Immunsystem begünstigt, weshalb überwiegend ältere Personen erkranken. Bestimmte, das Immunsystem beeinflussende Faktoren wie ausgeprägter Stress können die Krankheit auch bei jüngeren Patienten ausbrechen lassen.
Bei dem Verdacht auf Gürtelrose ist immer ein Facharzt aufzusuchen.
Die Reaktivierung des Virus
Mit einer Gürtelrose kann man sich nicht anstecken. Sie entsteht lange nach einer Windpockeninfektion, wenn das Immunsystem das eigene Varicella-Zoster-Virus nicht länger unterdrücken kann. Dann wandert es entlang des Nervenstrangs, an dem es im Rückenmark eingenistet war, an die Hautoberfläche. Dabei entzündet sich der Nerv, wodurch sehr starke Schmerzen ausgelöst werden können. Diese Schmerzen sind oftmals die ersten Symptome, die eine Gürtelrose ankündigen.
Zwei bis drei Tage nach dem Beginn der Schmerzen treten die charakteristischen, juckenden Bläschen auf der betroffenen Haut auf. In den meisten Fällen kommt das Virus aus seinem Speicher an den Rückenmarksnerven. Der Hautausschlag tritt dann an dem gesamten, von diesem Nervenstrang versorgten Hautareal auf und äußert sich in einer meist halbseitigen, bandförmigen Anordnung der Bläschen am Oberkörper. Dieses Gürtel-ähnliche Bild hat der Krankheit den Namen „Gürtelrose“ eingebracht.
Bricht das Virus dagegen an den Hirnnerven aus, ist das Gesicht von den Hautausschlägen betroffen. Durch die Nähe zu den Sinnesorganen ist dieser Ort der Infektion mit einem erhöhten Risiko für dauerhafte Schäden an den Augen oder Ohren verbunden.
Die Bläschenbildung während einer Gürtelrose hält meist bis zu fünf Tage an. Anschließend trocknen die Bläschen über 7 bis 12 Tage aus.
Gürtelrose kann bei Anderen Windpocken auslösen
Die Virus-Übertragung bei Gürtelrose ist nicht so leicht wie bei Windpocken. Nur durch den direkten oder indirekten Kontakt mit der Bläschenflüssigkeit können die Varicella-Zoster-Viren auf ungeimpfte und bisher nicht daran erkrankte Personen übergehen und dann Windpocken auslösen. Das Abdecken der betroffenen Hautstellen und Einhalten der üblichen Basishygiene wie Händewaschen mit Seife führt zu einer deutlichen Abnahme der Infektionsgefahr.
Seltene Beobachtungen bei der Gürtelrose:
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- Kinder erkranken selten daran – meistens dann, wenn sie die Windpocken schon im Säuglingsalter hatten. Die Krankheit verläuft bei ihnen eher mild. Der Arzt wird bei Kindern und Jugendlichen mit Gürtelrose möglicherweise weitere Untersuchungen empfehlen, um andere Erkrankungen auszuschließen.
- Gürtelrose kann bei Personen auftreten, die gegen Varizellen geimpft wurden und eine Varicella-Zoster-Virus Infektion deshalb unbemerkt durchgemacht haben. Der Krankheitsverlauf ist in diesen Fällen meist sehr mild.
- In seltenen Fällen kann eine Gürtelrose ohne Hautveränderungen, mit einem über den ganzen Körper generalisierten Hautausschlag oder auf weniger typischen Hautarealen wie z. B. den Armen oder im Genitalbereich auftreten.
Geschädigte Nerven verursachen längere Beschwerden
Normalerweise klingen die Symptome der Gürtelrose nach zwei bis vier Wochen wieder ab. Bei fast jedem dritten Betroffenen dauern die Schmerzen jedoch auch nach Abheilen des Hautausschlags an. Diese Schmerzen – unter Fachleuten als Postzosterneuralgie oder postherpetische Neuralgie bezeichnet – entstehen nicht durch die Viren selbst, sondern sind die Folge von Nervenschäden, die die Viren bei ihrer Wanderung an die Hautoberfläche verursacht haben. Teilweise können diese Schmerzen über Monate oder Jahre bestehen.
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- Eine früh angefangene Behandlung sowohl gegen die Viren als auch gegen die Symptome reduziert das Risiko der lang andauernden Schmerzen. Daher holen Sie auf jeden Fall bei dem Verdacht auf eine Gürtelrose ärztlichen Rat ein.
Linderung der Symptome
Sowohl bei Windpocken als auch Gürtelrose können die Symptome der Krankheit behandelt werden.
Juckreiz
An erster Stelle steht die Bekämpfung des Juckreizes, da Kratzen zu Narbenbildung oder gar einer zusätzlichen bakteriellen Infektion der Hautläsionen führen kann.
Linderung verschafft bereits das Auftragen von kühlenden Lotionen wie z. B. Schüttel-Tinkturen. In Kombination mit Zinkwerden solche Tinkturen in der Apotheke als Lotio alba oder Zinkoxid-Schüttelmixtur bezeichnet. Das Zink wirkt antientzündlich, leicht antiviral und austrocknend auf die Haut. Der Flüssigkeitsentzug führt zu einem dünnen Schutzfilm über der Hautveränderung und der Juckreiz wird gestillt.
Der Zusatz eines leicht betäubenden Stoffes wie Polidocanol zu einer solchen Lotion kann den Juckreiz weiter lindern. Das gilt auch für die Einnahme leicht antiallergisch wirksamer Substanzen wie dem Antihistaminikum Dimetinden, das in den Prozess der Juckreizentstehung eingreift und diesen reduziert. Beide Maßnahmen können vor allem über Nacht hilfreich sein, da die Bettwärme den Juckreiz meist verstärkt.
Als Alternative zu einer Lotio alba können Gerbstoff-haltige Cremes oder Lotionen eingesetzt werden. Gerbstoffe haben ebenfalls die Eigenschaft, austrocknend zu wirken. Zusätzlich inaktivieren sie bestimmte Enzyme, wodurch Entzündungsreaktionen gehemmt werden. Dadurch wird die Haut weniger empfindlich und der Juckreiz nimmt ab.
Die Ursachen für einen Juckreiz können vielfältig sein, sicher ist jedoch, dass die meisten Menschen auf Jucken mit Kratzen reagieren. Durch das Kratzen wird die Haut stimuliert und Entzündungsbotenstoffe wie Histamin werden ausgeschüttet. Diese Botenstoffe verursachen selbst wieder einen Juckreiz, weshalb ein Teufelskreislauf entsteht. Wird die Haut durch das Kratzen beschädigt, können Bakterien eindringen, die ebenso eine Entzündungsreaktion hervorrufen, die wiederum mit Juckreiz einhergeht.
Praktische Maßnahmen bei Juckreiz:
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- Fingernägel kurz schneiden, damit das Aufkratzen der Haut erschwert wird
- Babys kleine Fäustlinge anziehen, damit sie sich nicht kratzen und dadurch die Haut verletzen können
- Luftige Kleidung bevorzugt aus Baumwolle tragen, da eng anliegende Textilien, Wolle oder synthetische Materialien den Juckreiz verstärken
- Auf Baden verzichten, da sich Varizellen-Bläschen leicht entzünden können; kurzes Duschen ist hingegen unbedenklich.
Fieber und Schmerzen
Gegen begleitendes Fieber können fiebersenkende Medikamente, insbesondere Paracetamol, eingenommen werden. Auf Ibuprofen und andere Schmerzmittel aus der Gruppe der so genannten nichtsteroidalen Antirheumatika sollte dagegen verzichtet werden, da Mediziner hier im Zusammenhang mit einer Varizellen-Infektion bestimmte Komplikationen nicht sicher ausschließen können.
Das gleiche gilt für Acetylsalicylsäure (ASS), welche in jedem Fall gemieden werden sollte, da die Einnahme bei bestimmten Viruserkrankungen – insbesondere den Windpocken! – eine schwere Nebenwirkung, das so genannte Reye-Syndrom, auslösen kann. Das Reye-Syndrom ist eine schwere zelluläre Funktionsstörung, die besonders das Gehirn und die Leber betrifft, und tödlich enden kann.
Gegen die oftmals starken Schmerzen bei einer Gürtelrose reichen fiebersenkende Schmerzmittel meistens nicht aus. Selbst starke Schmerzmittel wirken nicht immer. Ihr Arzt hat die Möglichkeit, Ihnen andere wirksame Präparate zu verordnen, die das Schmerzempfinden reduzieren. Die Schmerzen bei einer Gürtelrose gehen von den geschädigten Nerven aus und treten an den Stellen mit den Hautveränderungen auf. Die Schmerzbehandlung kann daher auch lokal mit wirkstoffhaltigen Pflastern erfolgen, die die Schmerzweiterleitung in der Haut unterdrücken und so die Beschwerden lindern.
Die antivirale Therapie
Windpocken werden nur bei den Patienten antiviral behandelt, bei denen ein erhöhtes Risiko für Komplikationen vermutet wird oder eine Komplikation bereits eingetreten ist. Anders sieht es bei der Gürtelrose aus. Während Kinder auch hier nur bei einem erhöhten Komplikationsrisiko behandelt werden, sollten Erwachsene immer eine antivirale Therapie erhalten.
Ihr Arzt verschreibt Ihnen aus diesem Grund ein antiviral wirksames Arzneimittel. Wenn eine solche Behandlung frühzeitig nach Einsetzen der Symptome – spätestens jedoch 72 Stunden nach dem Auftreten der Hautveränderungen – gestartet wird, sinkt das Risiko für Nervenschädigungen und lang anhaltende Schmerzen.
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- Die antivirale Therapie kann das Varicella-Zoster-Virus nicht endgültig aus dem Körper vertreiben, sie beschleunigt jedoch die Heilung und senkt bei Gürtelrose das Risiko für Langzeitfolgen.
Das Impfen
Wer sollte sich vorbeugend gegen Windpocken impfen lassen?
Seit 2004 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung gegen Windpocken für alle Kinder und Jugendlichen. Impfen ist die wirksamste Vorbeugung gegen die Infektion. Die erste Impfung sollte im Alter von 11 bis 14 Monaten erfolgen und mit 15 bis 23 Monaten zur Optimierung des Impfschutzes einmal wiederholt werden.
Bisher nicht an Windpocken erkrankte oder geimpfte Personen sollten ebenso geimpft werden, wenn sie zu einer der folgenden Personengruppen gehören:
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- Frauen mit Kinderwunsch
- Patienten vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie
- Patienten mit schwerer Neurodermitis
- Personal im Gesundheitswesen
- Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen wie Vorschulen arbeiten.
Gibt es auch Impfstoffe gegen Gürtelrose?
In Deutschland ist für Personen, die älter als 50 Jahre sind, ein Impfstoff gegen Gürtelrose verfügbar. Diese Impfung wird – anders als gegen Windpocken – bisher nicht von der Ständigen Impfkommission empfohlen. Der Nutzen dieser Impfung konnte bisher noch nicht eindeutig belegt werden.
Warum impfen?
Vor der Impfempfehlung im Jahr 2004 erkrankten in Deutschland durchschnittlich 750.000 Menschen pro Jahr an Windpocken.
Im Jahr 2015 wurden dem Robert Koch-Institut knapp 29.000 Fälle von Windpocken gemeldet. Dies entspricht einem Rückgang um 96 Prozent. Selbst wenn vermutlich nicht alle Fälle an die Gesundheitsämter gemeldet werden, kann von einem deutlichen Impferfolg gesprochen werden.
Die Impfung verspricht zwar keinen hundertprozentigen Schutz, jedoch profitiert eine geimpfte Person falls sie doch an Windpocken erkranken sollte vom Impfschutz: der Verlauf der Krankheit nach einer Impfung ist wesentlich milder und mit einem geringeren Risiko für Komplikationen verbunden als bei ungeimpften Personen.
Die häufigsten Komplikationen bei einer Infektion sind bakterielle Superinfektionen im Bereich der geschädigten Hautstellen, eine virale Lungenentzündung oder Entzündungen des Kleinhirns, des Gehirns oder der Hirnhaut. Infizieren sich Schwangere, kann das Virus auf das ungeborene Baby übergehen und schwere Schäden verursachen.
Außerdem verhindert die Impfung ein Ausbreiten der Viren. Bestimmte Personengruppen, beispielsweise Kinder mit Immundefekt, dürfen nicht geimpft werden, obwohl sie bei einer Infektion fast immer einen sehr schweren Verlauf mit Komplikationen zeigen. Diese Personen können aber indirekt geschützt werden, wenn möglichst viele gesunde Kinder geimpft werden. Dies wird als „Herdenschutz“ bezeichnet.
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- Impfen schützt vor dem Risiko einer Komplikation bei Windpocken und bewahrt Schutzbedürftige, die nicht geimpft werden können, vor einem schweren Krankheitsverlauf.
- Denken Sie vor einer Entscheidung gegen das Impfen daran, dass Ihre Entscheidung auch andere Menschen betrifft. Manche chronisch kranke Kinder und Patienten sind darauf angewiesen, dass gesunde Kinder keine Infektionsquelle für Windpocken darstellen.
Gibt es auch Impfstoffe gegen Gürtelrose?
In Deutschland sind zwei unterschiedliche Impfstoffe gegen Gürtelrose (Herpes zoster) für Personen ab 50 Jahren verfügbar. Der Herpes-zoster-Lebendimpfstoff wird von der STIKO nicht als Standardimpfung empfohlen. Seit Dezember 2018 empfiehlt die STIKO die Impfung mit dem Herpes-zoster-Totimpfstoff allen Personen ab 60 Jahren zum Schutz vor Herpes zoster, seinen Komplikationen und Spätfolgen. Da immunsupprimierte Personen oder Patienten mit anderen schweren Grundkrankheiten ein erhöhtes Risiko haben, an Herpes zoster zu erkranken, wird diesen Personen die Impfung bereits ab 50 Jahren empfohlen.
Schwangerschaft und Stillzeit
Erkrankt eine schwangere Frau an Windpocken, so kann sie das Varicella-Zoster-Virus auf das ungeborene Baby übertragen, was ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellt. Das weitere Vorgehen nach Auftreten von Windpocken in der Schwangerschaft hängt davon ab, wie weit die Schwangerschaft fortgeschritten ist. In jedem Fall sollte bei Verdacht auf Windpocken in der Schwangerschaft ärztlicher Rat eingeholt werden! Das gleiche gilt nach Kontakt mit Windpocken für ungeschützte Schwangere. Ungeschützt heißt, dass kein vollständiger Impfnachweis (= 2 Impfdosen) vorliegt oder dass man sich nicht daran erinnern kann, ob man früher bereits einmal die Windpockeninfektion durchgemacht hat.
Da eine Impfung während der Schwangerschaft nicht möglich ist, sollten sich ungeschützte Frauen spätestens bei Kinderwunsch impfen lassen!
Eine Impfung dient sowohl dem Schutz des Babys als auch der Mutter, da an Windpocken erkrankte Schwangere selbst ein höheres Risiko für Komplikationen wie zum Beispiel eine Lungenentzündung besitzen.
Von einer Gürtelrose bei einer Schwangeren geht kein Risiko für das ungeborene Baby aus.
Stillende Mütter sollten sowohl bei Windpocken als auch bei einer Gürtelrose darauf achten, dass ihr Baby keinen Kontakt zu den betroffenen Hautstellen hat. Dann kann bei einer Gürtelrose weiter gestillt werden. Windpocken allerdings sind bereits einige Tage vor dem Auftreten der typischen Hautläsionen infektiös. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Baby mit erkrankt, ist daher sehr hoch. Die Experten des Robert Koch-Instituts gehen von einer nahezu 100-prozentigen Ansteckungswahrscheinlichkeit aus, wenn Mutter und Kind engen Kontakt zueinander haben. Deswegen ist es nicht notwendig, dass beim Auftreten der Windpocken abgestillt wird.
Wenn die Mutter wenige Tage vor oder in den ersten Tagen nach der Geburt an Windpocken erkrankt, dann sollte sofort medizinischer Rat eingeholt werden, da sich das Neugeborene infizieren und schwer erkranken kann. Schwangere, Stillende und Babys können sowohl bei Windpocken als auch bei einer Gürtelrose mit verschiedenen Arzneimitteln gegen den Juckreiz, die Schmerzen und das Fieber behandelt werden. Fragen Sie in Ihrer speziellen Situation bitte Ihren Arzt oder Apotheker nach einem für Sie geeigneten Präparat.
Wissen auf den Punkt gebracht – Das Wichtigste zum Schluss
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- Die Krankheiten Windpocken und Gürtelrose werden von dem gleichen Erreger verursacht, dem Varicella-Zoster-Virus.
- Eine Infektion mit dem Virus löst als Erstkrankheit die Windpocken aus. Der Erreger verbleibt danach lebenslang im Körper und kann später, in Zeiten verminderter Immunabwehr, Gürtelrose verursachen.
- 95 Prozent der Erwachsenen in Deutschland tragen den Erreger in sich.
- Windpocken beeinträchtigen im Wesentlichen durch Fieber und Juckreiz das Befinden, Gürtelrose kann zusätzlich mit erheblichen Schmerzen einhergehen.
- Eine Gürtelrose sollte immer antiviral behandelt werden, wodurch die Heilung beschleunigt wird und das Risiko für Langzeitfolgen sinkt.
- Eine Impfung gegen Windpocken ist die effektivste Präventionsmaßnahme vor der Infektion und wird allen Kindern ab dem Alter von 11 Monaten empfohlen.
- Eine Impfung gegen Gürtelrose mit dem Herpes-zoster-Totimpfstoff wird für alle Personen ab 60 Jahren empfohlen.
- Bei Verdacht auf Windpocken oder Gürtelrose sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Schlusswort
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Patienten-Ratgeber hilfreiche Erläuterungen und Tipps geben konnten, die Ihnen und Ihren Angehörigen bei Windpocken oder Gürtelrose helfen können.
Falls Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Arzt oder Apotheker.
Wir danken Prof. Dr. Ulrich Heininger, Leitender Arzt für Infektiologie und Vakzinologie am Universitäts-Kinderspital beider Basel, für die fachredaktionelle Unterstützung bei der Erstellung dieses Ratgebers.